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Es gibt genug zu tun, lassen wir’s sein!

Von Christian Ortner

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Christian Ortner.

Die Unfähigkeit einzelner Banker wird erst durch die Unfähigkeit der Politik, auf diese Unfähigkeit richtig zu reagieren, gefährlich für die Steuerzahler.


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Mit seiner griffigen Forderung nach "Kerker für Banker" dürfte Peter Michael Lingens jüngst im "profil" die Befindlichkeit ziemlich vieler Österreicher punktgenau getroffen haben. Auch seine Diagnose, wonach "es keine andere Branche gibt, in der so viele unfähige Vorstände mit so exorbitanten Gehältern so gigantische Schäden angerichtet haben" und deren "Unfähigkeit die Basis der Weltwirtschaftskrise" sei, wird wohl durchaus mehrheitsfähig sein.

Um so bedauerlicher ist freilich, dass diese Unfähigkeit einzelner Manager des Geldgeschäftes (es gibt ja auch ein paar tüchtige) sich erst dadurch so richtig entfalten kann, dass ihr die Unfähigkeit der Politik, auf deren Unfähigkeit richtig zu reagieren, kongenial gegenübersteht. Ziemlich unbestritten ist etwa, dass Banken ein eigenes Insolvenzrecht brauchen, das im Notfall ihre Abwicklung erlaubt, ohne dass ein Bankenkrach die ganze Volkswirtschaft existenziell bedroht. Ein derartiges Gesetz wäre zwar kein Schutz vor unfähigen Managern - aber doch ein gewisser Schutz der Steuerzahler davor, dauernd mit Milliarden für schiefgelaufene Bankengeschäfte haften zu müssen.

Deshalb kündigte der damalige Finanzminister Josef Pröll bereits 2009 eine entsprechende Regelung an, 2010 annoncierte auch Finanzstaatssekretär Andreas Schieder so etwas: Das Fehlen einer solchen Regelung sei "das Problem, die Krux der letzten Jahre der Finanzkrise" gewesen, sagte er damals. 2011 versprach Kanzler Werner Faymann, dieses Problem bis Jahresende zu lösen, nachdem auch der IWF Österreich nahegelegt hatte, diese legistische Baustelle endlich zu Ende zu bringen. Im heurigen Frühjahr schließlich kündigte die Regierung an, das "bis zum Sommer 2012" zu erledigen - doch der geht bald zu Ende, ohne dass Österreich deswegen einen Plan hat, wie Banken im Fall der Fälle abgewickelt werden sollen. Jetzt ist von 2013, vielleicht auch erst 2014 die Rede. Es gilt offenkundig Artikel 1 der ungeschriebenen Realverfassung der Alpenrepublik: "Nur net hudeln."

Man könnte das belustigt als Teil der hiesigen Folklore des Verschleppens, Vertagens und Verdrängens verstehen, sollte es aber nicht: Denn solange die Regierung da säumig ist, trägt der Steuerzahler das Risiko, dass irgendwo wieder ein Milliarden-Loch aufgeht. Bei der Handhabung von Bankenpleiten gleicht Österreich einem Herzinfarktpatienten, der sich zur Beruhigung erst einmal eine filterlose Zigarette anzündet, ehe er den Arzttermin aufs nächste Jahr verschiebt.

Das ist umso bemerkenswerter, als der Staat sich sonst ja dauernd in das Leben seiner Bürger und seiner Unternehmen regulierend einmischt, besonders gerne da, wo überhaupt kein Regulierungsbedarf besteht. Dass er ausgerechnet in einem jener ganz wenigen Fälle, in denen tatsächlich ausnahmsweise einmal akuter Regulierungsbedarf herrscht, mit völliger Tatenlosigkeit reagiert, ist erklärungsbedürftig, ansonsten gilt für den Gesetzgeber, der keine einschlägigen Gesetze macht, die Unschuldsvermutung.

Mag sein, dass die Unfähigkeit von Bankern "die Basis der Wirtschaftskrise" ist. Allein stehen sie mit dieser Unfähigkeit freilich nicht da.