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Betrachtet man die derzeitige hochschulpolitische Landschaft, so muß festgestellt werden, daß es gerade in der jüngsten Vergangenheit eine bewegte Zeit für die österreichischen Universitäten war. Zahlreiche und tiefgreifende Reformen wurden vom Gesetzgeber beschlossen. Bei genauerer Betrachtung jedoch kann man sich dem Eindruck nicht verwehren, daß hier die Universitäten zu Tode reformiert werden.
Erneuerungen und Verbesserungen in der universitären Ausbildung muß und soll es auch geben, allerdings gilt es doch vorher einen ausführlichen und intensiven Diskussionsprozeß über Veränderungen zu führen. Eine überhastete und voreilige Einführung neuer Systeme ist letztendlich den Studierenden gegenüber unverantwortlich. Als Beispiele seien an dieser Stelle die Einführung des Bakkalaureats oder auch der von Privatuniversitäten angeführt.
Beide Reformschritte wurden einer viel zu kurzen Diskussion unterzogen und wurden zudem unter anhaltenden Protest von Professoren, Mittelbau und Studentenvertretern beschlossen.
Zum Bakkalaureat sei festgehalten, daß vor dem Hintergrund der sogenannten Sorbonne-Erklärung, die 1998 nur von vier europäischen Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien) unterfertigt wurde und die eine freiwillige Harmonisierung der europäischen Hochschulsysteme auf Basis des dreistufigen angloamerikanischen Studiensystems im Laufe der nächsten Jahre vorsieht, diese Novelle zum Universitätsstudiengesetz erarbeitet wurde.
Die Einführung des neuen dreigliedrigen Studiums war bis auf wenige Ausnahmen massiver inhaltlicher Kritik ausgesetzt, wobei die Begutachter den Entwurf für eine überhastete und unausgegorene Ergänzung zum Universitätsstudiengesetz hielten, deren Sinnhaftigkeit im universitären Kontext offen bezweifelt wurde.
Ungeachtet dieser Einwände und ohne eine reelle Abschätzung über die finanziellen Auswirkungen der Einführung des Bakkalaureats vorzulegen, beharrten die Regierungsparteien auf der Einführung des dreistufigen Studiensystems und begründeten dies damit, daß die sogenannte Bologna-Erklärung (19. Juni 1999!!!) von den europäischen Wissenschaftsministern durchzuführen sei, obwohl es sich dabei um eine Absichtserklärung und um kein verpflichtendes Übereinkommen handelte.
Letztendlich wurde eine weitere unnötige Vervielfältigung von Studienabschlüssen geschaffen, die nichts als Verwirrung unter den Studierenden stiftet, und eine Nivellierung nach unten mit sich bringen wird. Weiters ist bis dato eine angestrebte europäische Einheitlichkeit nicht erkennbar.
Mit dem Gesetz der Einführung von Privatuniversitäten in Österreich ließ Wissenschaftsminister Caspar Einem (SPÖ) gleichfalls aufhorchen. Damit sollten die bereits informell tätigen ausländischen Universitäten in einen geordneten Zustand gebracht werden und eine belebende Wirkung durch die ausländischen Institutionen auf die heimischen Bildungsstätten sollte erreicht werden. Dies wirft die Frage auf, ob eine Wettbewerbssituation im österreichischen Bildungsbereich positive oder negative Auswirkungen mit sich bringt.
Die Zulassung von privaten Universitäten ist für Österreich sicherlich begrüßenswert. Durch die zuvor angesprochene Konkurrenzsituation kann man sich belebende Impulse erwarten. Eine Wettbewerbssituation muß nicht unbedingt schlecht sein. Weiters ist bei genauerer Betrachtung geradezu eine Notwendigkeit gegeben. Das Image der österreichischen Wissenschaft bedarf in manchen Bereichen einer eingehenden Korrektur: So kritisiert etwa die OECD in ihrem Bericht die bürokratischen Strukturen der heimischen Universitäten, das Fehlen von Praxis- und Wirtschaftsnähe sowie die Tatsache, daß Österreich in den Bereichen Forschung und Lehre weit hinter dem OECD-Durchschnitt nachhinkt.
Unbefriedigend ist auch die Situation des tertiären Ausbildungssektors, insbesondere die des immer wichtiger werdenden Marktes an Post-Graduate-Ausbildungsmöglichkeiten. Solch Ausbildungsstätten werden zwar von öffentlicher Hand stark subventioniert, dennoch ist das Ergebnis enttäuschend. Der Output blieb bis zum heutigen Tage hinter den groß angekündigten Erwartungen zurück: die Umsätze aus der Forschung machen nur einen Bruchteil dessen aus, was private Anbieter mit einem weit geringeren Personalstand und Budget erfolgreich erwirtschaften.
Auch ist ein erweitertes Ausbildungsangebot erforderlich, um international mithalten zu können. Daher darf man sich dieser Entwicklung nicht verschließen, sondern man muss vielmehr versuchen das bestmögliche herauszuholen. Bei einem gesunden Wettbewerb im Bereich der Bildung wird sicherlich die Qualität der Bildung am meisten profitieren. Um aber den heimischen Bildungsstätten nicht die Möglichkeit zu nehmen, sich in der neuen Konkurrenzsituation zu behaupten, gilt es diese wettbewerbsfähig zu machen. Hier besteht aber noch viel Handlungsbedarf, denn derzeit ist alles noch mehr Schein als Sein.
Reformen im universitären Bereich werden von den Freiheitlichen keinesfalls abgelehnt, denn jedes erfolgreiche System lebt von dessen Weiterentwicklung und von Veränderungen. Diese sollten aber überlegt und breit diskutiert sein. Nur so bleibt es gewährleistet, daß Studierende eine bestmögliche Ausbildung erhalten.
NAbg. Dr. Martin Graf
Wissenschaftssprecher der FPÖ und Obmann des Wissenschaftsausschusses