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"Es gibt keine Afrika-Politik Frankreichs mehr"

Von WZ-Korrespondentin Birgit Holzer

Politik
Lösungen kommen nicht von außen, erklärte Macron.
© reu/Wojazer

Der einst kolonialisierte Kontinent sei ein Partner auf Augenhöhe - das war die Hauptbotschaft von Präsident Emmanuel Macron in Burkina Faso.


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Paris/Ouagadougou. Dass Emmanuel Macron nicht allen in Afrika willkommen ist, demonstrierte eine von vermummten Männern lancierte Begrüßungsgeste: Am ersten Morgen nach der Ankunft des Präsidenten Frankreichs in Burkina Faso warfen zwei Unbekannte eine Handgranate auf ein Fahrzeug der französischen Armee im Norden der Hauptstadt Ouagadougou. Sie verletzten keine Soldaten, aber drei Anwohner.

Dabei war Macron zu seiner dreitägigen Afrika-Reise aufgebrochen, um ein positives Signal für eine faire Partnerschaft auszusenden. Nach dem Besuch gestern, Dienstag, in Burkina Faso nimmt er heute am EU-Afrika-Gipfel in der Elfenbeinküste teil, bevor er morgen nach Ghana fährt.

Es gehört zur Tradition für französische Präsidenten, mit einer großen Rede das Verhältnis zu dem Kontinent zu erklären, mit dem auch lange nach der Kolonialzeit zahlreiche wirtschaftliche und politische Verbindungen weiter bestehen. Doch Macron wollte - wie so oft - überraschen, es anders machen. Seine Rede hielt er in der Universität von Ouagadougou vor 800 Studenten, um sich an die Jugend zu richten.

Er werde nicht seine Afrika-Politik darstellen, sagte Macron. "Es gibt keine Afrika-Politik Frankreichs mehr." Vielmehr blicke er einen selbstbestimmten und komplexen Kontinent an, dem er nicht zu sagen habe, was zu tun sei. Den Studenten, die Frankreich in einer hitzigen Atmosphäre vorwarfen, sich aus der Verantwortung zu ziehen, hielt er entgegen, er sei nicht mehr in einem "postkolonialen" Denken verhaftet - Verantwortung tragen sie selbst für ihr Land.

Er gehöre, erzählte der 39-jährige Staatschef, einer Generation an, die Afrika nie als kolonialisierten Kontinent gekannt habe und die überall jene ermutige, die im Wind der Freiheit und Emanzipation laufen wollten. Das war Macrons Hauptbotschaft an die jungen Burkiner: "Die Lösung kommt nicht von außen noch vom Status quo alter Gewohnheiten. Ich werde an eurer Seite sein. Derjenige, der Europa helfen wird, die Chance zu ergreifen, der afrikanischen Jugend zuzuhören."

Die zahlreichen Herausforderungen zählte er auf: vom Klimawandel über den Terrorismus bis zum Menschenhandel in Libyen im Zuge der Flüchtlingskrise, der er einen entschlossenen Kampf gegen Schlepperbanden und die Einrichtung von Asylzentren in Niger und im Tschad entgegensetzen will. Wer Asylrecht habe, solle bereits dort unter Schutz gestellt, alle anderen sollen aber von der riskanten Reise nach Europa abgehalten werden.

Macron versprach, den Anteil der Entwicklungshilfe bis zum Ende seiner Amtszeit 2022 auf 0,55 Prozent des BIP anzuheben. Bei der Vergabe von Stipendien seien Schulprogramme zu bevorzugen, die die Ausbildung von Mädchen förderten. Französische Elitehochschulen sollten die Kooperation mit afrikanischen Universitäten ausbauen; auch werde Frankreich künftig jedes Jahr 1000 neue Talente in Bereichen von Unternehmensgründung über Kultur bis hin zum Sport aufnehmen, von denen später ihre Heimatländer profitieren sollten.

Auf seine mit vielen Symbolen aufgeladene, ambitionierte Rede lässt Macron symbolträchtige Taten folgen: Am heutigen Mittwoch weiht er eine riesige Solaranlage in Burkina Faso ein und begeht mit dem Präsidenten der Elfenbeinküste, Alassane Ouattare, den Spatenstich für die U-Bahn von Abidjan, die mit französischen Krediten in Höhe von 1,4 Milliarden Euro mitfinanziert und von französischen Unternehmen durchgeführt wird.