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"Es gibt keinen Gesetzesentwurf"

Von Christian Rösner

Politik
Geht es nach der SPÖ, sollen Investoren beim gemeinnützigen Wohnbau künftig mehr mitschneiden.
© Rösner

Laut SPÖ gibt es im Wirtschaftsministerium einen gemeinsamen Gesetzesentwurf, um gemeinnützige Bauträger für Investoren zugänglicher zu machen, ohne die Gemeinnützigkeit zu gefährden. Im Wirtschaftsministerium weiß man aber nichts davon.


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Wien. Die gemeinnützigen Wohnbauträger bangen weiter um ihre Branche: Wie berichtet, will Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), dass Finanzinvestoren künftig verstärkt in den gemeinnützigen Wohnbau investieren können. Das steht sowohl in der ersten als auch in der zweiten, bereits überarbeiteten Version des SPÖ-Parteiprogramms "Plan A".

Zwar wurde der Text sowohl von Wiens FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus als auch vom SPÖ-nahen Obmann der Gemeinnützigen Bauvereinigungen, Karl Wurm, scharf kritisiert, weil dieser - auch laut Rechtsgutachten - mit der Gemeinnützigkeit unvereinbar sei. Allerdings versicherte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler, dass ein fertiger Gesetzesentwurf vorliegt, der Kerns Forderung ermöglicht, ohne dabei die Gemeinnützigkeit zu gefährden. Dieser Entwurf sei mit allen Beteiligten - gemeinnützigen Bauträgern, Versicherungen und dem Wirtschaftsministerium ausgearbeitet worden, hieß es.

"Ich habe den Gesetzesentwurf noch nicht gesehen. Es wurden aber grundsätzliche Vorarbeiten für eine Regelung geleistet, die mit der Wohnungsgemeinnützigkeit vereinbar ist", erklärte Karl Wurm am Dienstag. Nachsatz: "Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass so etwas durchs Parlament geht. Denn ich kenne eine Reihe von Abgeordneten, die sagen: So etwas beschließen wir sowieso nicht."

ÖVP setzt auf Vorbehaltsflächen

"Es ist definitiv kein Gesetzesentwurf mit uns erarbeitet worden, wir kennen den genannten Entwurf nicht", hieß es auch aus dem Büro von Wirtschaftsminister Harald Mahrer (ÖVP). Abgesehen davon entspreche der Vorschlag der SPÖ auch nicht den Vorstellungen der ÖVP von leistbarem Wohnen, hieß es weiter. Für die ÖVP sei die gemeinnützige Wohnungswirtschaft "ein Eckpfeiler im wohnungswirtschaftlichen System, um leistbare Eigentums- und Mietwohnungen für die Bevölkerung zu ermöglichen". Mit der SPÖ-Forderung würde man dieses System gefährden, um Finanzinvestoreninteressen zu bedienen.

"Vielmehr ist es notwendig, an anderer Stelle für leistbares Wohnen zu sorgen, beispielsweise über die nunmehr auch im ,Plan A‘ von der SPÖ übernommenen Idee der ÖVP, ,Vorbehaltsflächen‘ bei Verkauf von Grundstücken für den geförderten Wohnbau zwingend zumindest für den Bereich der öffentlichen Hand vorzusehen", so eine Sprecherin. So sollen etwa bei Umwidmungen von Grundstücken der öffentlichen Hand in Bauland 25 Prozent als Vorbehaltsflächen für förderbaren Wohnraum ausgewiesen werden. Das verpflichtende Anbot soll dann nach einer bestimmten Frist verfallen, wenn kein Bedarf dafür bestehen sollte.

Weiterhin unverständlich ist es für den Obmann der Gemeinnützigen Bauvereinigungen, Karl Wurm, dass der bereits neu erarbeitete Vorschlag nicht im aktualisierten Parteiprogramm zu finden ist. Dort steht nach wie vor geschrieben: "Im Moment können institutionelle AnlegerInnen (wie Versicherungen) nur sehr eingeschränkt in gemeinnützige Wohnbauträger investieren, da solche Anteile nur eingeschränkt handelbar sind. Durch entsprechende Anpassungen könnte die Investition in gemeinnützige Wohnbauträger für institutionelle Anleger deutlich interessanter werden." Und auch von einer Öffnung der Veranlagungsvorschriften für die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge ist in dem Papier die Rede.

Gemeinnützigkeit und Investoren wie Hund und Katze

"Wenn es das zukünftige Ziel der SPÖ ist, den gemeinnützigen Wohnbau Finanzinvestoren zu überlassen, dann bin ich und die gesamte gemeinnützige Branche strikt dagegen. Ich halte es im Übrigen für naiv, zu glauben, dass Finanzinvestoren die richtigen sind, langfristig günstige Mieten zu garantieren", betonte Wurm. Denn das Ziel eines Finanzinvestors sei naturgemäß immer, Geld einzusetzen, Renditen zu maximieren, um das Geld wieder in andere Veranlagungsarten zu investieren. "Gemeinnützigkeit und Gewinnmaximierung passen einfach überhaupt nicht zusammen - die sind wie Hund und Katze", so Wurm.

Reduzierte Gewinnausschüttung

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler betonte einmal mehr, dass mit den geplanten Maßnahmen die Gemeinnützigkeit keinesfalls untergraben werde, und stellte schließlich am Dienstag der "Wiener Zeitung" den sogenannten Gesetzesentwurf - von dem das Wirtschaftsministerium nichts weiß - zur Verfügung. Das nun der Redaktion per E-Mail vorgelegte "Modell zur Mobilisierung von privatem Kapital für den gemeinnützigen Wohnbau" (Betreff: "Dieses Dokument ist mit allen abgestimmt") sieht sinngemäß vor, dass bestehende Eigentümer von gemeinnützigen Wohnbauträgern eine Neueinzahlung von Eigenkapital in der Höhe der Hälfte des bisher eingezahlten Kapitals einbringen können. Und dann zählt das gesamte erhöhte Kapital für die Dividende. Allerdings wäre die Gewinnausschüttung dieses zusätzlichen Kapitals dann eine herabgesetzte: Derzeit liegt die Bandbreite zwischen 3,5 und 5 Prozent. Die neue Variante würde 2 bis 3,5 Prozent vorsehen - damit es nicht durch das höhere Kapital bei gleichbleibender Verzinsung zu einem Abfluss aus dem gemeinnützigen Vermögen kommen kann.

Für Tojner ist das Modell "ausbaufähig"

Potenzielle Investoren würden sich damit vorerst sicher zufriedengeben, wie das etwa auch Michael Tojner (Wertinvest) gegenüber der "Wiener Zeitung" bestätigt. "Für Investoren ist es immer interessant, mit Gemeinnützigen zusammenzuarbeiten, was auch derzeit schon passiert. Manche Großprojekte werden ja so konzipiert, dass ein Teil frei verkaufte Wohnungen ist und ein Teil gemeinnützige, geförderte Wohnungen", sagte Tojner.

Das heißt für den Unternehmer, dass die Zusammenarbeit bereits funktioniere - aber auch ausgebaut werden könne: "Wenn man den Gemeinnützigen zusätzliches Kapital zur Verfügung stellen könnte. Da bedarf es aber doch einer langfristigen Renditemöglichkeit zwischen 3 bis 4 Prozent. Dann wäre das eine zusätzliche Stärkung der Zusammenarbeit von Investoren und Gemeinnützigen", so Tojner.

Bis jetzt dürften aber noch nicht einmal die 2 bis 3,5 Prozent im Wirtschaftsministerium angekommen sein.