Zum Hauptinhalt springen

"Es gibt keinen Plan B!"

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

EZB-Chef Draghi erteilt Spekulationen über Euro-Austritte eine scharfe Absage.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Frankfurt. "Es war nicht schlau. Und das ist noch untertrieben." Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), hält nichts davon, die abgesicherten Spareinlagen bei Banken anzugreifen. Das machte er am Donnerstag mit ungewohnter Schärfe deutlich: "Immerhin: Die Finanzminister der Eurogruppe haben diesen Fehler kurz darauf via Telefonkonferenz korrigiert."

Aber auch den zweiten Anlauf in Zypern, bei dem Bankaktionäre, Anleihengläubiger und Großanleger rasiert wurden, will Draghi weder als Paradebeispiel für künftige Sanierungen noch als Wende in der europäischen Krisenbekämpfung verstanden wissen. Länder mit großem Finanzsektor seien in Krisen per se verwundbarer, betonte der Italiener: Sie müssten den Staatshaushalt und ihren Finanzsektor wesentlich konservativer führen als andere Volkswirtschaften: Sie dürften also keine Budgetdefizite zulassen und müssten den Banken höhere Kapitalpuffer aufzwingen. Ohne es auszusprechen, traf Draghi damit eine Unterscheidung zwischen Zypern und dem ebenfalls oft für seinen überdimensionierten Bankensektor kritisierten Luxemburg.

Fragen nach Vorbereitungen für einen Euro-Austritt Zyperns oder Griechenlands oder gar einen Zusammenbruch der Währungsunion wies Draghi brüsk zurück: "Daran denkt niemand. Wer solche Fragen stellt, der unterschätzt massiv die Bedeutung des Euro für Europa und wie viel politisches Kapital in die gemeinsame Währung investiert wurde. Es gibt keinen Plan B!"

Natürlich wurde der Notenbanker gefragt, was er gegen die schwache Konjunktur zu tun gedenkt. Dass die EZB am Ende ihrer Weisheit sei, wies Draghi zurück, beließ es aber bei der kryptischen Ankündigung, man prüfe "diverse" zusätzliche Maßnahmen zur Unterstützung der Eurozone. Einmal mehr appellierte er an den Reformwillen der Regierungen: Die EZB könne weder den Mangel an Kapital im Bankensystem noch fehlende staatliche Maßnahmen ersetzen. Den Leitzins beließ die EZB vorerst auf 0,75 Prozent - das ist zwar ein historischer Tiefstand, aber verglichen mit den anderen großen Notenbanken der Welt hätten die Währungshüter in Frankfurt noch Spielraum.

Neuer Währungskrieg?

Weniger zimperlich geht der neue japanische Notenbankchef Haruhiko Kuroda zu Werke. Die Bank of Japan (BoJ) wirft so viel Geld in das Finanzsystem, dass manche Beobachter von "Geldpolitik mit neuen Dimensionen" sprechen. Die radikale Lockerung folgt den Vorgaben der Regierung - Ministerpräsident Shinzo Abe hatte seit seinem Amtsantritt Ende 2012 den Druck auf die Notenbank immer weiter erhöht. Kuroda wurde mit der Vorgabe bestellt, die seit fast zwei Jahrzehnten andauernde, hartnäckige Deflation in den Griff zu bekommen. Dazu soll er die Yen-Druckerpressen ordentlich ankurbeln und den Ankauf von Anleihen und anderen Wertpapieren massiv ausweiten.

Und das tut Kuroda in einem Ausmaß, das sogar die Märkte überraschte: Japans Notenbanker wollen ihr Portfolio an langlaufenden Staatsanleihen und börsennotierten Fonds (ETF) verdoppeln. Innerhalb von weniger als zwei Jahren sollen etwa 1,4 Billionen US-Dollar in Japans Geldkreislauf und die Wirtschaftsankurbelung gepumpt werden. Der Yen gab in Reaktion auf die Lockerung der Geldpolitik nach, während Staatsanleihen kräftig zulegten.

Nach den Folgen befragt, sagte Draghi, der Euro-Wechselkurs sei keine Zielvorgabe, werde aber genau beobachtet. Kritik an der BoJ übte er nicht; er verwies nur auf das Statement der 20 mächtigsten Volkswirtschaften (G20), wonach ein schädlicher Währungskrieg vermieden werden soll - das habe auch Japan unterschrieben.