)
Gute Chancen für Kroatien in der EU sieht das Beratungsunternehmen Roland Berger Strategy Consultants, das vergangene Woche ein Büro in Zagreb eröffnet hat.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Das Land hat sich in den letzten Jahren erstaunlich entwickelt", eröffnete gestern Roland Falb, Managing Partner von Roland Berger Strategy Consultants, sein Statement zur wirtschaftlichen Lage in Kroatien. Falb erwartet, dass sich der Aufschwung auch in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Für das Jahr 2003 rechnet Kroatien mit einem Wirtschaftswachstum von 4%, im Jahr 2004 sollen es 3,7% sein.
Die meisten Wirtschaftsdaten Kroatiens sind gut, die Währung ist stabil, die Inflationsrate unter Kontrolle, das Budgetdefizit zwar hoch, aber auf dem Weg der Besserung. Nun sei eine rasche Privatisierung angesagt. "Liberalisierung, Privatisierung und Restrukturierung von Staatsbetrieben - vor allem im Infrastrukturbereich - sind Prozesse, die ehestmöglich und gezielt vom Staat in die Wege geleitet werden müssen", so der Wirtschaftsexperte Falb. Derzeit werde die kroatische Industrie noch sehr stark nach dem Gießkannenprinzip vom Staat gefördert. Außerdem sei die Eigenleistung im Land noch sehr gering. So habe Kroatien zum Beispiel große Waldbestände, die bisher aber fast nur forstwirtschaftlich und für die Erstverarbeitung genutzt werden. "Die wirkliche Wertschöpfung passiert außerhalb des Landes", das müsse sich ändern, sagte Falb.
Der starke Zustrom an ausländischen Investitionen (Foreign Direct Investment - FDI) hat 1999 einen Spitzenwert erreicht und seither aber wieder nachgelassen. Falb glaubt, dass es durch eine Fokussierung auf die EU-Beitrittkandidaten zu einer Verschiebung zugunsten dieser Länder gekommen ist. "Das ist bedenklich, denn das Land braucht dringend weiterhin Zufluss von Fremdkapital", so Falb.
"Es gibt noch viel zu tun, um Kroatien zu europäisieren", formuliert es der kroatische Botschafter in Österreich, Drazen Vukov Colic. Allein in dieser Woche werden in Kroatien 80 Gesetze erlassen, die das kroatische Recht an die EU-Gesetzgebung anpassen. "Es ist leicht, Gesetze in Kraft treten zu lassen, aber sehr schwer alte Gewohnheiten und Vorurteile zu ändern", weist Colic auf Schwierigkeiten bei der Umsetzung hin. Als Kroatien heuer den Antrag auf eine Aufnahme in die Europäische Union gestellt hat, galt 2007 noch als angestrebtes Beitrittsdatum. Nun gebe es aber "Ungewissheiten", so Colic, "daher sprechen wir jetzt nicht mehr von einer bestimmten Zeitgrenze." Die Zustimmung im Land zu einem EU-Beitritt sei jedenfalls hoch: Rund 80% der Bevölkerung in Kroatien sei derzeit für eine Mitgliedschaft.