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"Es gibt noch Vorurteile gegenüber FHs"

Von Bettina Figl

Politik

Helmut Holzinger, Präsident der FH-Konferenz, wünscht sich mehr Offenheit der Unis und gleiche Rechte bei Doktoratsstudien.


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Wien. Herr Diplomingenieur, Frau Magister und natürlich Herr Doktor: die Österreicher lieben ihre Titel. Zuletzt ist ein Streit darüber ausgebrochen, wo der Doktortitel erlangt werden darf, also welche Hochschulen die Doc-Studien anbieten dürfen. Anlass war die Zuerkennung des Promotionsrechts für die Donauuniversität Krems Anfang des Jahres: die auf Weiterbildung ausgelegte Uni hätte nicht die erforderlichen Qualitätskriterien, lautete die Kritik des Wissenschaftssektors. Deshalb müssen nicht-universitäre PhD-Studiengänge durch die Agentur für Qualitätssicherung akkreditiert werden. Doch auch die FHs sollen Doktoratsstudien anbieten dürfen, so Helmut Holzinger, Präsident der FH-Konferenz. Er wünscht sich mehr Offenheit seitens der Universitäten.

"Wiener Zeitung":Der Wissenschaftsrat hat sich für Promotionskommissionen und kooperative Promotionsprogramme anstatt eines eigenen Promotionsrechts für FHs ausgesprochen. Was können Sie dieser Idee abgewinnen?Helmut Holzinger: Wir sollten uns von dieser institutionenbezogenen Betrachtungsweise lösen. Derzeit haben Unis per se ein Promotionsrecht, ohne dass dieses einer verpflichtenden externen Qualitätssicherung unterliegt. Privatunis erhalten das Promotionsrecht, wenn ihr Doktoratsstudium akkreditiert wurde. Und warum eine FH grundsätzlich nicht? Wenn eine FH die Qualitätskriterien erfüllt, sollte sie, alleine oder in Kooperation, ein Doktorratsstudium anbieten dürfen.

Haben Sie eine FH im Kopf, die den Anfang machen könnte?

Ja. Es gibt sehr forschungsstarke FHs, aber ich vertrete den ganzen Sektor und nenne keinen Namen. Ich verstehe die Emotionen, die uns da entgegenschlagen, nicht ganz. Wir achten auf Qualität und vertreten nicht den Ansatz einer Nivellierung.

In den USA besitzen nicht einmal alle Unis Promotionsrecht, dort wird bei PhD-Programmen stark kooperiert...

Ja, die Interdisziplinarität wird immer stärker, aber ich sehe da überhaupt keinen Widerspruch. Ein Promotionsrecht für FHs wäre kein Hindernis, um interinstitutionelle Kooperationen zu ermöglichen, ganz im Gegenteil. Man kooperiert am besten, wenn man auf gleicher Augenhöhe ist, aber das ist derzeit eben nicht der Fall.

Sollen die Unis autonom darüber entscheiden können, was FH-Absolventen nachholen müssen, um an einer Uni ein Doktoratsstudium zu beginnen? Ist die von den Unis geforderte Abschaffung der Doktoratsstudienverordnung vorstellbar?

Nein, solange es kein anderes rechtliches Instrument gibt, muss die Verordnung bleiben. Wenn man ein wirtschaftswissenschaftliches Masterstudium abgeschlossen hat, muss man für ein inhaltlich kompatibles Doktorat an der Uni zugelassen werden, ohne Auflagen. Jemand, der das Doktorat beginnt, hat zwei akademische Studien hinter sich, wieso muss ich ihm verpflichtend vorschreiben, was er nachzuholen hat? Derzeit kommen nur 2,5 Prozent der Doktoratsstudierenden an den Unis von FHs (Zahlen aus 2012, Anm.). Da brauche ich das nicht zur Causa Prima zu machen.

Was muss sich am Verhältnis zwischen den Unis und FHs ändern?

Ich wünsche mir mehr Offenheit der Unis. Es muss egal sein, wo ein Aspirant herkommt, es sollte rein um die Qualität gehen. Es gibt Ordinate, an denen das kein Problem ist, die wollen die besten Studierenden, egal, woher. Die Vorurteile, die FHs seien nicht wissenschaftlich genug, sind stark im Abnehmen, aber nach wie vor vorhanden.

Anstatt der angekündigten 62 Millionen Euro wurden dem FH-Sektor nur 56 Millionen Euro zugesagt. Ist der im Regierungsprogramm verankerte Ausbau auf 50.000 Studienplätze damit möglich?

Nein, mit 56 Millionen Euro geht sich das nicht aus, damit kommen wir nur auf 48.500 Plätze. Aber ich bin sehr optimistisch, dass es Nachbesserungen geben wird. Wir haben wahrgenommen, dass Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner darum kämpfen will, und wir werden ihn dabei unterstützen. Der zweite wichtige Punkt im Regierungsabkommen, der derzeit überhaupt nicht erfüllt ist, betrifft die Erhöhung der Fördersätze. Wir haben ja - anders als die Unis, die ein Globalbudget haben - eine Finanzierung pro besetztem Studienplatz, und die ist 2009 das erste und einzige Mal erhöht worden. Wir fordern schon lange, den Ausgleich dieses beträchtlichen Wertverlusts. Damit unsere guten Betreuungsverhältnisse beibehalten können, muss die Höhe der Förderung pro Studienplatz angehoben werden, denn wir können steigende Kosten nicht mehr durch mehr Effizienz auffangen.

Manche sagen, die Hochschulen sollen sich jeweils auf das konzentrieren, was sie gut können: die FHs sollen sich auf die Lehre, die Unis auf die Forschung konzentrieren.

Ich trete für ein differenziertes Hochschulsystem ein und will nicht, dass Uni und FHs gegeneinander ausgespielt werden. Wenn man sagt, die FHs sollen nur Lehre und keine Forschung betreiben - sollen die Unis dann nur forschen? Das kann es nicht sein. Wenn wir in Österreich von einem Innovation Follower zu einem Innovation Leader werden wollen, müssen wir als wissensbasierte Gesellschaft entsprechende Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen. Der Vorteil der FH besteht in ihrer regionalen Verankerung, ganz speziell kommt das den KMU zu Gute, und sie sind das Rückrat der österreichischen Wirtschaft. Es gibt Platz für alle, wir nehmen niemandem etwas weg, das wollen wir auch gar nicht. Wir sind nicht die Konkurrenz zu den Universitäten, das wäre absurd.

Auch beim FH-Förderprogramm COIN gibt es Finanzierungsprobleme, das Infrastrukturministerium setzt heuer die Finanzierung aus?

COIN ist für den FH-Sektor sehr wichtig, deshalb hoffen wir auf die Finanzierung durch das Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium. Wir sind nicht ganz pessimistisch, weil wir gute Argumente haben: COIN war nie als Exklusivprogramm für die FH aufgesetzt, aber aufgrund der Förderungsbedingungen ist es sehr gut geeignet, Forschungsstrukturen und Netzwerke zwischen FHs und Unternehmen aufzubauen. Zusätzlich geht es uns darum, eine nachhaltige Finanzierung für Forschung zu erreichen. Das ist sehr wichtig, weil ausschließlich eine Finanzierung von Projekten den Aufbau von Forschungsschwerpunkten erschwert.

Was schwebt Ihnen da vor?

Calls und Forschungsprojekte sind zeitlich befristet, und können nicht nahtlos aneinandergereiht werden, daher wollen wir zusätzlich zu den Drittmittelprojekten nachhaltige Finanzierung für Forschung und Entwicklung, die an Kriterien gebunden sein kann. Bei einem solchen Modell könnte die Forschungsfinanzierung an eine gewisse Anzahl an Veröffentlichungen gebunden sein. Das soll flexibel gestaltet werden, weil nicht alle FH gleich forschungsaffin sind, aber allen sollte Forschung ermöglicht werden. Uns schweben maßgeschneiderte, forschungsbezogene Leistungsvereinbarungen zwischen den Ministerien und den FHs ab. Nach fünf Jahren soll dann überprüft werden, ob Ziele erreicht wurden.

Die Fachhochschulen (FHs) feiern heuer ihr 20-jähriges Bestehen. Es gibt fast 44.000 Studierende (Stand 2013, Anm.). Sieben der österreichweit 21 FHs befinden sich in Wien. 63 Prozent der FHs heben Studienbeiträge in der Höhe von 363,36 Euro pro Semester ein, die restlichen Erhalter verzichten darauf. Die Hälfte der FH-Studien wird  berufsbegleitend angeboten.