Der Schlag gegen die "Nazi-Szene" in Österreich war überfällig. In die - zu Recht - erfreuten politischen Reaktionen mischt sich aber Nachdenklichkeit. Was die Justiz mit den Hausdurchsuchungen und Verhaftungen, etwa von Gottfried Küssel, im April 2011 zu Wege brachte, war vor einem halben Jahr schon in heimischen Zeitungen zu lesen.
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Im Zusammenhang mit der mittlerweile gelöschten Nazi-Website "Alpen-Donau" tauchten - etwa im "profil" - dieselben Namen, dieselben Verbindungen, dieselben Orte auf.
Auch die "Wiener Zeitung" berichtete mehrfach darüber, eine Autorin der Zeitung musste sich auf der braunen Website wüst beschimpfen lassen. Warum es ein halbes Jahr dauerte, bis die Justiz tätig wurde, wissen nur die ermittelnden Beamten. Eines ist nur ganz sicher: Die Aussage von Justizministerin Bandion-Ortner vom Montag, aufs Tempo zu drücken, hatte nichts damit zu tun. Da war die Aktion schon fertig geplant.
Seit Monaten wird zudem qualifiziert vermutet, dass es zwischen der FPÖ und den rechtsextremen Gruppen engere Kontakte gibt, als deren Obmann Strache wahrhaben will - beziehungsweise laut sagt. Immerhin tauchten bei einschlägigen Veranstaltungen immer wieder (mittlerweile frühere) Mitarbeiter des FPÖ-Politikers Martin Graf auf. Jener Martin Graf, der mit überwältigender Mehrheit zum Dritten Nationalratspräsident gewählt wurde. Nur die Grünen verlangen, dass er wegen seiner Nähe zu rechtsextremem Gedankengut zurücktritt. Und bekennende Neonazis tauchten bei FPÖ-Veranstaltungen auf.
Die Politik schaut schon zu lange weg. Es war - der heute nicht mehr wohlgelittene - Ernst Strasser, der 2001 als Innenminister einen Bericht über Rechtsradikalismus in Österreich schubladierte. Vermutlich aus Rücksicht auf die damals in der Regierung sitzende FPÖ.
Wenn spät aber doch die Justiz tätig wird, um die neonazistischen Organisationen zu unterbinden, so sollte die Frage, ob es Verbindungen dieser Leute zur FPÖ gibt, geklärt werden. Sonst könnte es sein, dass andere Freiheitliche in hohe Ämter aufsteigen, die, um es vornehm zu formulieren: ein Abgrenzungsproblem zum ganz rechten Rand des politischen Spektrums haben.. .