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Arbeitskosten als Standortproblem, schlanker Staat soll Abhilfe schaffen.
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"Wiener Zeitung": Sie haben die Arbeitsgruppe "Standort Österreich" geleitet. Was sind da die größten Herausforderungen?

Robert Kremlicka: Der bedeutendste Standortfaktor für die Zukunft sind die Arbeitskosten. Natürlich können wir da nicht mit Vietnam konkurrieren - und wollen das auch nicht -, müssen aber günstiger werden. Das Traumziel wäre minus 15 Prozent.
Wie soll das gehen?
Wenn wir die Lohnnebenkosten um 8 Prozent senken und gleichzeitig die Produktivzeit pro Jahr, also die Zeit, in der ein Arbeitnehmer effektiv arbeitet, um 7 Prozent steigern, dann sind wir zwar erst im europäischen Durchschnitt, aber hätten in Summe die 15 Prozent erreicht.
Laut Eurostat liegt Österreich bei der Wochenarbeitszeit aber schon jetzt an der europäischen Spitze.
Das stimmt zwar bezüglich der Wochenarbeitszeit, aber bei der Jahresarbeitszeit liegen wir in Österreich bei 1600 Stunden. In Bratislava liegt sie bei 2100 Stunden - bei Arbeitskosten von 50 Prozent unter unserem Niveau.
Sie schlagen auch eine Lebensarbeitszeitverlängerung vor. Dem wird entgegengehalten, dass dann die Arbeitslosenzahlen steigen.
Das wird durch keine Studie bestätigt. Im Gegenteil: Wenn Leute länger arbeiten, werden sogar Arbeitsplätze geschaffen, weil dann die Unternehmer leistungsfähiger sind. Wir werden in Zukunft bis 67 oder 70 arbeiten, kein Zweifel, weil es anders gar nicht finanzierbar ist.
Das Steuersystem soll radikal vereinfacht werden, die Steuerquote sinken. Zur Gegenfinanzierung ist die Rede von anderweitigen Abgaben. Vermögenssteuern?
Das sieht dieses Konzept nicht vor. Wir könnten uns allenfalls Änderungen bei der Grundsteuer vorstellen. Das Thema Gegenfinanzierung ist aber sekundär. Primär ist Sparen. Die Staatsquote soll deutlich unter 50 Prozent gedrückt werden, der Staat sich auf seine Kernkompetenzen und -aufgaben konzentrieren. Dadurch wäre auch eine Abgabenquote von unter 40 Prozent möglich.
Apropos Kernaufgaben des Staates: Was soll da alles privatisiert werden?
Was muss ein Staat aus gemeinwirtschaftlichen, politischen und militärstrategischen Gründen haben? Bei der Infrastruktur reduzieren wir uns da im Wesentlichen auf Unternehmen, die strategisch wichtige Leitungen besitzen, etwa Hochspannungsleitungen oder Gasleitungen. Aber warum sollte etwa der Verbund in Summe in öffentlicher Hand bleiben oder jedes Bundesland einen eigenen Energieversorger haben? Es ist auch denkbar, dass Teile der ÖBB privatisiert werden. Wenn es gelingt, einen Teil der nichtstrategischen Beteiligungen - auch der Länder - über die Börse zu privatisieren, dann haben wir einen doppelten Effekt: höhere Leistung und Effizienz der Unternehmen und endlich eine liquide Börse.
Was passiert mit dem kulturellen Bereich?
Es gibt sicher Bereiche, wo rein ökonomische Betrachtungen nicht zielführend sind. Aber man kann auch kulturelle Aufgaben mit privatwirtschaftlichem Management verbinden und damit sehr erfolgreich sein.