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"Es ist gut gelaufen"

Von Nina Flori

Wirtschaft
ÖBB-Chef Christian Kern

Konzernchef Christian Kern will den Rekordgewinn weiter steigern.


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Wien. Es war ein ereignisreiches Jahr für die ÖBB: Im Sommer und Herbst des vergangenen Jahres haben 300.000 Flüchtlinge die Züge der Bundesbahn genutzt, der Güterverkehr ist durch die schwache Konjunkturentwicklung europaweit stark unter Druck geraten und durch den Vollbetrieb des Wiener Hauptbahnhofes wurde die größte Fahrplanänderung der letzten 25 Jahre umgesetzt.

ÖBB-Vorstandschef Christian Kern blickt zufrieden zurück: "Es ist gut gelaufen", sagte er in der Bilanzpressekonferenz am Freitag. "Wir sind im internationalen Vergleich ein Vorzeigeunternehmen - eines der ganz wenigen, die im letzten Jahr ein besseres Ergebnis als im Jahr zuvor erwirtschaftet haben."

192,8 Millionen Euro beträgt das Ergebnis vor Steuern im Jahr 2015. Das sind um zwölf Prozent mehr als im Jahr zuvor - das beste Ergebnis in der Unternehmensgeschichte. Die anfallenden Kosten konnten hingegen auf dem selben Niveau gehalten werden. Damit liegen die ÖBB vor den Schweizer Bahnen, der französischen SNCF und der Deutschen Bahn.

Die Bahn sei ein "Wachstumsmodell", betonte Kern. Er will seinen Expansionskurs auch in den nächsten Jahren fortsetzen. 2015 konnte die Zahl der Fahrgäste um drei Millionen auf 238 Millionen gesteigert werden. Im Nahverkehr ist das ein Anstieg von einem Prozent, im Fernverkehr von zwei.

Marktchancen sieht Kern vor allem im Nachtzuggeschäft. Da die Deutsche Bahn immer mehr von Nachtzügen abgeht, sei man nun im Gespräch, dort in das Nachtbusgeschäft einzusteigen.

Mehr Verbindungen nach Rom,Verona und Venedig

Von Österreich aus sollen zudem verstärkt Verbindungen in italienische Städte wie Venedig, Mailand, Rom, Verona und im Sommer auch nach Livorno in der Toskana angeboten werden. "Der Nachtverkehr ist ein attraktives Geschäft. In Österreich machen Nachtzüge 17 Prozent des Fernverkehrs aus", sagte Kern. "Hier gibt es ein Wachstum von vier Prozent jedes Jahr. Das hat Potenzial."

Potenzial sieht Kern auch im wachsenden Fernbusmarkt. Die ÖBB wollen dem Vernehmen nach Mitte des Jahres mit einem im Vergleich zur Schiene wesentlich günstigeren Busangebot starten und nur Städte im Ausland anfahren. 28 neue Busse werden dafür angeschafft. Vor allem junge Menschen will man so als Kunden gewinnen.

Nach neuen Kunden sehnt man sich auch im Postbus-Bereich. 55 Millionen Euro haben die ÖBB im vergangenen Jahr in 300 neue Busse investiert, die Zahl der Fahrgäste ist allerdings um mehr als zehn Millionen zurückgegangen. Grund dafür sind die Überalterung der Gesellschaft und der zunehmende Ausschreibungswettbewerb am Busmarkt.

Angespannte Situationim Güterverkehr

Nicht leicht hatten es die ÖBB im vergangenen Jahr auch im Güterverkehr. Der niedrige Dieselpreis schränkte den Wettbewerbsvorteil der Bahn stark ein und machte Strecken unter 400 Kilometern auf der Straße günstiger. Zudem ist die Zahl der Mitbewerber gestiegen. "Wir sind aber immer noch das profitabelste Güterbahnunternehmen in Europa und haben einen Gewinn vor Steuern von 57,2 Millionen Euro erwirtschaftet", betonte Kern.

Erwirtschaftet wurde das Ergebnis von 40.031 Mitarbeitern. Im vergangenen Jahr hat sich der Personalstand kaum geändert, die Pensionierungen erreichten den niedrigsten Stand seit den Aufzeichnungen. "Bei der altersbedingten Pensionierung liegen wir bei 59,9 Jahren, bei der krankheitsbedingten sind es 53,2 Jahre", so der ÖBB-Vorstand. Bis zum Jahr 2021 wollen die Österreichischen Bundesbahnen 11.000 neue Beschäftigte einstellen.

Kern will weiterhin die Zufriedenheit der Kunden in den Vordergrund stellen. "Im Zentrum unserer Überlegungen stehen die Fahrgäste, nicht die Maschinen", betonte er. Genauso sei es auch im vergangenen Jahr gewesen, als 300.000 Flüchtlinge die ÖBB genutzt haben. 674 Sonderzüge und 1335 Busse waren im Einsatz.

Für die Züge und Busse wurde dem Bund eine Rechnung über fünf Millionen Euro gestellt. Bezahlt ist sie noch nicht, sie werde zurzeit geprüft, so Kern. Die eigentlichen Kosten hätten rund 15 Millionen Euro betragen - Überstunden und der Umsatzentgang durch den Ausfall von Fahrgästen habe man dem Bund aber nicht verrechnet. "Die Probleme machen uns nicht die Flüchtlinge, sondern die Maßnahmen zu ihrer Abwehr", meinte Kern. Wie etwa die Grenzkontrollen, denn sie seien mit Unannehmlichkeiten und Zeitverlust verbunden.