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In Mariahilf diskutierten Anrainer und Politiker über die Umgestaltung der Otto-Bauer-Gasse und des Loquaiparks.
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Wien. Es ist kurz vor 18 Uhr im Haus der Begegnung Mariahilf. Der Veranstaltungssaal ist bereits gut gefüllt, die Mitarbeiter des Planungsbüros Zwopk, die für das Bürgerbeteiligungsverfahren zur Umgestaltung der Otto-Bauer-Gasse und des Loquaiparks verantwortlich sind, kämpfen noch ein wenig mit der Technik. Im hinteren Teil des Saales sind zwei große Tische vorbereitet, auf denen allerlei Materialien zur Erhebung von Problemen und Ideen liegen. Ausgedruckte Folien mit Stichwörtern, Stadtpläne und Grafiken zum Verkehrsaufkommen.
Die Unterlage auf dem Tisch bilden große weiße Plakate, bunte Stifte liegen herum, mit denen jeder und jede seine Anmerkungen schriftlich festhalten kann. Einige nutzen diese Möglichkeit schon jetzt, die anderen diskutieren bei Soletti und Orangensaft noch die aktuelle Lage.
Verkehrszählungen und persönliche Gespräche
Bereits im Herbst 2016 führte der Wirtschaftsbund eine Befragung von 52 Unternehmern in der Otto-Bauer-Gasse durch, von denen sich 70 Prozent für eine Umgestaltung aussprachen. Als im März die Neos gemeinsam mit den Grünen im Bezirk einen Antrag auf eine Umgestaltung des Loquaigrätzls stellten, integrierte der rote Bezirksvorsteher Markus Rumelhart das Anliegen kurzerhand in das Bürgerbeteiligungsverfahren zur Umgestaltung der Otto-Bauer-Gasse.
Im September und Oktober begann dieses mit einer Grätzlerhebung: Mittels Verkehrszählungen in den Straßen, Nutzungsbeobachtungen, Fragebögen und Gesprächen mit Anrainern und Unternehmern sollte der Ist-Zustand einmal festgehalten werden.
Als der Beamer endlich läuft, sind die 100 Sitzplätze voll besetzt, etwa noch einmal so viele Gäste stehen. Das Publikum ist gemischt, Menschen aus dem Seniorenheim sind ebenso hier wie junge Eltern mit schlafenden Babys. Rumelhart betont in seiner Eröffnungsrede: "Weil einige gefragt haben, ob manche Dinge nicht eh schon fix sind: Es ist noch nichts entschieden." Die Landschaftsplaner Helge Schier und Philipp Rode von Zwopk erläutern anschließend anhand von Folien ihre Erhebung. Doch die Präsentation der Ergebnisse wird immer wieder unterbrochen - dass zuerst präsentiert und dann diskutiert werden soll, daran werden die Veranstalter im Lauf des Vortrags noch ein paar Mal erinnern müssen. Zum Beispiel, als die Sprache auf den Loquaipark kommt: Stephi Pongratz, Mitarbeiterin des "Fair-Play-Team.06", beschreibt den Loquaipark als verhältnismäßig gut gepflegt, es gäbe auch wenig Drogenkonsum.
Workshops mit moderierten Kleindiskussionen
Das sieht ein Besucher anders: "Da kommen die Süchtler aus den Toiletten und setzen sich im Laternenlicht die Spritze an. Bei solchen Sachen bringt es nichts, sich selbst zu belügen." Entgegengesetzte Ansichten auf einen Nenner zu bringen, bleibt auch die Schwierigkeit beim zweiten Teil der Veranstaltung. Mit der Workshop-Methode World-Café wollen die Veranstalter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern nach den Vorträgen die Möglichkeit geben, in kleineren Gruppen zu den vier verschiedenen Themen bezüglich Gestaltung und Nutzung von Otto-Bauer-Gasse und Loquaipark zu diskutieren.
Neben den zwei Tischen im hinteren Bereich gibt es auch seitlich der Bühne etwas versteckt zwei Thementische, auf die die Leute sich nun verteilen sollen und wo die Diskussionen von Zwopk-Mitarbeitern moderiert werden. Experten verschiedener Magistrate stehen für die Beantwortung spezieller Fragen zu Verfügung. Erwartungsgemäß am größten ist das Interesse an der Verkehrslage in der und um die Otto-Bauer-Gasse. Am entsprechenden Tisch hat sich eine Menschentraube gebildet, von der auch viele nach dem Ertönen des Signals, nach 15 Minuten den Tisch zu wechseln, hängen bleiben. Punkte wie Parkplätze oder Missachtung der Verkehrsregeln durch Autofahrer und Radfahrer werden hitzig, aber konstruktiv diskutiert. Für Elisabeth Kattinger, die Klubvorsitzende der Neos, ist die Veranstaltung ein voller Erfolg: "Moderne Politik geht von unten nach oben und nicht umgekehrt. Und wie man sieht, nehmen die Leute das an."
Diskussionen noch bis Ende Jänner 2018
Noch bis Ende November läuft die Konzeptentwicklung zu der die Grätzlkonferenz und das "offene Büro" von Zwopk zählen. Dort konnten bis 21. November noch Anliegen deponiert werden. Im Dezember und Jänner sollen in einer dritten Phase in einer zweiten Grätzlkonferenz, ebenfalls wieder verbunden mit einem "offenen Büro", Konzepte und Varianten erneut diskutiert werden. Den Abschluss bildet schließlich die Präsentation und Diskussion des Endergebnisses in der Phase "Leitbild" im Februar und März 2018. Wie lang es dauert, bis konkrete Maßnahmen umgesetzt werden, ist noch unklar - im Vortrag ist die Rede von fünf bis zehn Jahren. Leo Kohlbauer, Bezirksparteiobmann der FPÖ Mariahilf, übt Kritik an diesem offenen Vorgehen: "Bei so einer Vorgehensweise können unliebsame Themen unterdrückt werden. Besser wäre ein Fragebogen an alle Anrainer gewesen, der dann ausgewertet wird und dessen demokratisches Ergebnis umgesetzt wird." Gerhard Hammerer, Bezirksparteiobmann der ÖVP Mariahilf, ergänzt: "Für diese unklaren Ergebnisse hätte es keine Agentur gebraucht." Werner Haslauer, Bezirksrat der Grünen Mariahilf, sieht hingegen gerade in der Unklarheit eine Bereicherung: "Alle Menschen, die das betrifft, haben zuerst einmal das Recht, dass man sie anhört und ihnen nicht nur einen ,Ja-Nein-Weiß nicht‘-Fragebogen schickt." Bezirksvorsteher Markus Rumelhart bringt noch ein Argument: "Es geht darum, Selbstreflexion anzuregen. Was will ich? Was wollen die anderen? Und wie kann man das auf einen Nenner bringen?"