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Athen. Das hoch verschuldete Griechenland bittet um die bereits verabredeten Finanzhilfen der EU-Staaten und des Internationalen Währungsfonds (IWF). In einer Fernsehansprache wandte sich Ministerpräsident Giorgos Papandreou an die griechischen Bürger: "Es ist zwingend, dass wir um die Aktivierung des Rettungsmechanismus bitten." | Anteile der Euro-Länder an der Griechenland-Hilfe
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Papandreou gab dem Finanzministerium die Anweisung, finanzielle Hilfe vom Internationalem Währungsfonds (IWF) und der EU zu beantragen. Finanzminister Giorgos Papakonstantinou fliegt nach Washington, um sich dort am Samstag mit IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn zu beraten. Athen hatte in den vergangenen Tagen mit der Europäischen Union und dem IWF über mögliche Hilfen in Höhe von bis zu 45 Milliarden Euro allein für dieses Jahr verhandelt.
Emotionale Fernsehansprache
Papandreou sprach von der kleinen Mittelmeerinsel Megisti (Kastelorizo) aus. Sein Fernsehauftritt war sehr emotional. Die Griechen erwarte eine "neue Odyssee" meinte er. Die Hoffnung, die internationalen Märke würden positiv auf das griechische Sparprogramm und die Hilfeplan der EU reagieren, habe sich nicht bewahrheitet. Griechenland laufe Gefahr, dass wegen der Spekulanten alle Sparanstrengungen zunichte gemacht werden. Aus diesem Grund sei Athen gezwungen, jetzt schon zu handeln.
Die Euro-Länder wollen Athen mit bis zu 30 Mrd. Euro im ersten Jahr unter die Arme greifen - Deutschland würde davon den Löwenanteil von bis zu 8,4 Mrd. Euro übernehmen, Frankreich bis zu 6,3 Mrd. Euro, Italien bis zu 5,5 Mrd. Euro, Österreich bis zu 858 Mio. Euro. Auf den IWF könnten zusätzlich bis zu 15 Mrd. Euro zukommen.
In Athen verhandeln bereits Experten des IWF, der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Europäischen Kommission über die Modalitäten zur Hilfeleistung an die Griechen. Nach der Erklärung Papandreous gab es einen Kursanstieg an der griechischen Börse um vier Prozent.
Die EU bestätigte den Antrag Athens. Währungskommissar Olli Rehn sagte: "Das läuft jetzt alles automatisch ab."
Die deutsche Regierung ist bei einem Antrag Griechenlands auf finanzielle Hilfe von Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU grundsätzlich handlungsbereit. Der Sprecher des Finanzministeriums, Michael Offer, sagte am Freitag in Berlin allerdings, der Antrag müsse zuerst von der Europäischen Zentralbank (EZB) und IWF als berechtigt anerkannt werden. Zudem sei ein fertiges IWF-Programm vorzulegen. Derzeit liefen die Gespräche zwischen Athen und dem IWF über die genaue Ausgestaltung des Sanierungsprogramms für die Jahre bis 2012.
Am Donnerstag war bekannt geworden, dass die Finanzlage Griechenlands noch prekärer ist als bisher bekannt. Im vergangenen Jahr belief sich das Budgetdefizit laut auf 13,6 Prozent der Wirtschaftsleistung. Der Schuldenberg wuchs auf 273 Milliarden Euro - das entsprach 115 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und lag weit über dem von der EU erlaubten Gesamtschuldenstand von 60 Prozent.
Die Euro-Staaten und der IWF haben Griechenland Beistandskredite im Umfang von insgesamt 45 Milliarden Euro in Aussicht gestellt, die allerdings mit weiteren Sparauflagen verbunden werden könnten.