Mit enormem Aufwand wurden bisher 17 Millionen Euro erstritten.|Nun kommt noch ein "Beauftragter".
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Wien.
Wolfgang Peschorn ist als Präsident der Finanzprokuratur einer der mächtigsten Beamten des Landes. Der Jurist, der 2006 vom damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser bestellt wurde, ist Chef einer Agentur, die als Anwalt des Staates auftritt. Er vertritt die Republik und Staatsfirmen in Rechtssachen - etwa in Amtshaftungsfragen.
Bei der notverstaatlichten Hypo Alpe Adria hat die Finanzprokuratur eine besondere Aufgabe. Sie ist zuständig für die "Aufarbeitung der Vergangenheit", sprich: Was ist - auch strafrechtlich - passiert, um die Kärntner Landeshypo so gegen die Wand zu fahren? Dazu gibt es - was kaum bekannt ist - einen detaillierten Vertrag zwischen der Finanzprokuratur und der Hypo Alpe Adria. Der anwaltliche Vertreter des Bundes bestimmt, was zu tun ist - die Bank bezahlt.
Das Ganze nennt sich flott "CSI Hypo". Peschorns Leistungsbilanz, die er am Donnerstag präsentiert hat: "70 Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft, 77 Beschuldigte und ein gesamtes Forderungsvolumen von 650 Millionen Euro."
Löwenanteil ging an Grazer Anwalt
Davon sind aber erst 17 Millionen Euro geflossen, von denen 16,5 Millionen Euro vom inhaftierten ehemaligen kroatischen General Vladimir Zagorec stammen, der in Liechtenstein Geld parkte, das der Hypo gehörte. Der Aufwand dafür war beträchtlich, was in der neuen Führung der Hypo Alpe Adria zu immer größerem Unmut führt. 21,6 Millionen Euro hat die Bank - so Informationen, die der "Wiener Zeitung" zugespielt wurden - seit April 2010 für die von Peschorn geführte "CSI Hypo" bezahlt - an Berater- und Anwaltskosten. Also deutlich mehr als bisher hereingekommen ist.
Den Löwenanteil - insgesamt 4,6 Millionen Euro - erhielt der Grazer Anwalt Guido Held, der wie Peschorn ein Steirer ist. Held gilt als große Nummer in der steirischen Anwaltsszene, spezialisiert auf Wirtschaftsangelegenheiten. Er ist sozusagen der operative Kopf der "CSI Hypo".
"CSI Hypo" kümmert sich um vieles
Die Truppe kümmert sich allerdings nicht nur um die Aufarbeitung der Korruptionsaffären rund um die Kärntner Hypo. So soll sie sich auch bei der - höchst umstrittenen - Abfertigung des Hypo-Kurzzeitchefs Franz Pinkl eingemischt haben. Dieser erhielt vier Millionen Euro für zehn Monate Arbeit. Im Aufsichtsrat - geführt von Ex-Wirtschaftsminister Johannes Ditz - sei man nicht so glücklich damit. "Früher wurde die Bank von den Kärntner Landespolitikern benutzt, jetzt zahlt sie für die Wünsche aus der Finanzprokuratur", sagt ein Insider, der namentlich nicht genannt werden will. "Bei der CSI Hypo ging es darum, dass das Finanzministerium sagte: Wenn wir für die Kärntner Hypo schon zahlen müssen, dann soll es wenigstens einen politischen Vorteil geben." Die "Seilschaften" rund um den verunglückten Landeshauptmann Jörg Haider sollten entzaubert werden.
Die bisherigen Klagen gegen den Ex-Chef der Bank, Wolfgang Kulterer, gegen frühere Bilanzprüfer und Eigentümervertreter (etwa aus der Grazer Wechselseitigen) führten ins Nichts. Anzeigen wurden zurückgelegt, Klagen abgewiesen. Alles auf Kosten der Bank.
Ditz forderte bereits im Sommer, dass die "CSI Hypo" aufgelöst werden sollte. Für eine Bank, die derzeit operativ bestenfalls um die Nulllinie pendelt, sind 21,6 Millionen Euro Berater- und Anwaltskosten eine Menge Geld. Der Druck auf Peschorn, dem Treiben ein Ende zu setzen, stieg zuletzt deutlich.
Am Donnerstag hat er nun die Flucht nach vorne angetreten. "Es wird eine Hauptversammlung und eine Satzungsänderung geben", sagte er. "Dabei wird ein Beauftragter installiert. Die Bank wird verpflichtet, sich um die Aufarbeitung der Vergangenheit selbst zu kümmern."
"Alle Aktionen mit dem Ministerium abgestimmt"
Allerdings bleibt der Vertrag mit der Finanzprokuratur aufrecht, und der Beauftragte - am Donnerstag wurde der ehemalige Kabinettschef von Ex-Justizministerin Bandion-Ortner, Georg Krakow genannt - "kann bei Differenzen direkt an den Bund reportieren" (O-Ton Peschorn). Es ändert sich also wenig.
Es fliegen die Fetzen. In der Hypo Alpe Adria gibt es mittlerweile ein Rechtsgutachten über den Vertrag mit der Finanzprokuratur: Er sei das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben ist, weil er die Weisungsfreiheit des Vorstandes einer Aktiengesellschaft untergrabe, so die Expertise. Peschorn: "Das ist ein ganz normaler Vertrag, dem alle Organe der Hypo zugestimmt haben."
Der nunmehrige Plan, einen "Beauftragten" zu installieren, wird in Klagenfurt eindeutig interpretiert. "Peschorn hat dann in Zukunft einen Puffer, wenn die Beratungs- und Anwaltskosten nicht sinken. Die Bank zahlt künftig die Honorare, die er vergibt, und den Beauftragten auch noch dazu."
Der derart Kritisierte kann sich aber offenkundig auf seine Chefin, Finanzministerin Maria Fekter, verlassen. "Dieser Plan für eine Phase II wurde natürlich mit dem Eigentümer abgestimmt", sagte Peschorn.
Fekter ist bei Hypo in einer Doppelrolle
Denn Fekter findet sich dabei in einer Doppelrolle. Sie ist nicht nur der Arbeitgeber des Präsidenten Peschorn, sondern auch Eigentümer-Vertreterin der verstaatlichten Hypo Alpe Adria.
"Das Ministerium will aber nicht viel mit der Bank zu tun haben, es fürchtet politische Schäden, wenn etwas passiert", sagte ein Banker, der die Hypo gut kennt. "Wenn aber nun wirtschaftlich die Altlasten abgearbeitet werden, muss die Bank zwangsläufig mit Leuten reden, die keinen besonders guten Leumund haben."
Denn die Hypo Alpe Adria ist am Balkan stark vertreten, und der ehemalige kroatische General Zagorec, der dort in Haft sitzt, war nur einer der Kunden. Auch mit dem ebenfalls verhafteten Ex-Premier Kroatiens Sanader wird die Bank in Verbindung gebracht. Diese Geschäfte entstanden in der Zeit, in der das Land Kärnten und - danach - die BayernLB Eigentümer des Kreditinstitutes waren.
Mittlerweile ist der Vorstand mehrfach ausgetauscht worden, der jetzige Hypo-Chef Kranebitter hat mit all dem nichts zu tun, und muss ebenfalls aufräumen. Dem Vernehmen nach hält Peschorn von Kranebitter nicht mehr viel, obwohl er bei seiner Bestellung mitgewirkt hatte. Im Aufsichtsrat sitzen jetzt - unter anderen - neben Johannes Ditz die erfahrenen Banker Rudolf Scholten und Alois Steinbichler. Zum Eigentümer durchzudringen sei aber nicht einfach, so die Klage aus Klagenfurt: Termine von Kranebitter bei der Finanzministerin ließen sich an einer Hand ablesen.
Franz Klammer als Werbeträger
Und so kommt es halt immer noch zu kuriosen Enthüllungen: So hat etwa der Kurzzeit-Investor bei der Kärntner Hypo, Tilo Berlin, den früheren Ski-Abfahrtsweltmeister Franz Klammer zur Werbe-Figur der Bank gemacht. Mit einem 5-Jahres-Vertrag ohne Kündigungsmöglichkeit. Klammer erhält jährlich 300.000 Euro von der verlustgebeutelten Bank - noch bis 2013. "Zu Verträgen sagen wir nichts, ich kann nur sagen, dass Franz Klammer als unser Testimonial bei Kundenveranstaltungen der Bank jederzeit zur Verfügung steht", ist aus der Pressestelle der Bank zu erfahren.
Ähnlich dürr, aber dafür üppig fällt die Stellungnahme der Bank zum Vertrag mit der Finanzprokuratur aus: "Die Hypo Alpe Adria und ihr Management verfolgen im Interesse der Steuerzahler und der Republik einen Kurs, der den, in der Vergangenheit entstandenen Schaden minimiert und sicherstellt, dass eine Wiederholung der jahrzehntelangen Fehlentwicklungen in Zukunft auszuschließen ist. (...) Der Gesamtumfang der Ermittlungstätigkeiten ist darüber hinaus in Verträgen zwischen der Bank und ihrer Eigentümerin der Republik, vertreten durch die Finanzprokuratur, geregelt, die nicht zuletzt Grundlage der staatlichen Hilfsmaßnahmen waren. Darin wurde die Bank unter anderem verpflichtet, die Vergangenheit der HB Int. und insbesondere den Vermögensverfall gemeinsam mit dem Bund und unter Zurverfügungstellung sämtlicher Informationen zu klären. Diese Verträge regeln auch die Frage der Kostenübernahme."
Der nunmehrige Plan von Wolfgang Peschorn ist indes so neu nicht. Bereits Mitte April, wenige Tage nach dem Rücktritt von Josef Pröll als ÖVP-Obmann und Finanzminister, wurde die Bank schriftlich von der Finanzprokuratur aufgefordert, den Bund aufzufordern, einen Beauftragten zu fordern. Wegen der zu erwartenden Kosten hat die Bank dies nicht getan. Nun startet Peschorn die "Phase II" von sich aus. Die Hypo-Fastpleite ist nun schon einige Zeit her, aber wie es dazu kam, dass die Bank zu einer Art Selbstbedienungsladen wurde, ist nach wie vor nur Gegenstand von Spekulationen.
Die Finanzprokuratur ist eine Dienststelle, die dem Bundesministerium für Finanzen unterstellt ist. Zuständig ist sie für die rechtlichen Geschäfte des Bundesvermögens, wobei sie als Anwalt und Rechtsberater der Republik Österreich auftritt. Derzeit wird die Prokuratur von Wolfgang Peschorn geleitet. Die Rechtsgrundlage der Finanzprokuratur bildet im Wesentlichen das am 8. August 2008 kundgemachte Finanzprokuraturgesetz, mit dem das alte Prokuraturgesetz aus dem Jahr 1945 sowie die ergänzenden Prokuraturverordnungen abgelöst wurden.
Im Fall von Klagen gegen die Republik ist die Finanzprokuratur als Organ des Bundes Beklagtenvertreter. Rechtsvertretungen und -beratungen sind durch die Anwälte der Prokuratur aber entgegen ihrem Namen nicht auf Finanzen beschränkt, sondern betreffen sämtliche Rechtsgeschäfte des Bundes.
Organisatorisch ist die Finanzprokuratur zwar in den Verwaltungskomplex des Finanzministeriums eingegliedert. Sie ist aber keine nachgeordnete Dienststelle im klassischen beziehungsweise funktionellen Sinn, zumal ihre Anwälte bei der Erfüllung ihrer Vertretungs- und Beratungstätigkeit keinen Weisungen des Finanzministeriums unterliegen, sondern ausschließlich ihrem jeweiligen Auftraggeber/Mandanten verpflichtet sind.
Als Dienstbehörde erster Instanz kommen der Finanzprokuratur auch hoheitliche Befugnisse zu, wodurch sie als Behörde zu qualifizieren ist. Ihre Funktion als Anwalt und Berater ist privatwirtschaftlicher Natur. In der Finanzprokuratur sind aktuell 42 Anwälte tätig, die nicht nur die Rechtsanwaltsprüfung, sondern auch eine sogenannte Prokuraturprüfung innerhalb von fünf Jahren ab Diensteintritt erfolgreich zu absolvieren haben.