Dank Geldschwemme: Börsianer feiern - Firmen sehen gar keine Kredite mehr.
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Er sehe kein Risiko für eine Blasenbildung am Aktien- und Bondmarkt, sagte Japans Notenbankchef Haruhiko Kuroda - einen Tag, nachdem er angekündigt hatte, binnen zwei Jahren 1,4 Billionen Dollar frisches Geld auf den Markt zu schmeißen. Aber nein, das ist ganz sicher keine Blase, wenn mitten in der schwersten Krise seit Menschengedenken die Börsen in den USA Rekorde feiern und der japanische Nikkei-Index kurzfristig auf den höchsten Stand seit 2008 schießt. Für wie beschränkt hält Kuroda den Rest der Welt? Das erinnert bedrohlich an Ex-US-Notenbankchef Alan Greenspan, der stets suggeriert hatte, seine Niedrigzinspolitik habe keine schädlichen Folgen. Und Blasen erkenne man doch ohnehin erst im Nachhinein. Verbindlichsten Dank: Die Welt steckt jetzt im sechsten Jahr jener Krise, die durch diese Politik mitverursacht wurde.
Der Hausverstand sagt, dass exzessives Geldvermehren nicht folgenlos bleibt. Ein Großteil fließt in spekulative Anlagen; dorthin, wo es Rendite zu ernten gibt. Dadurch steigen die Risiken, es droht die nächste Finanzkrise. Mit den Investitionen in Rohstoffe und Immobilien wird teurer, worauf Menschen in aller Welt angewiesen sind: Treibstoff, Essen, Wohnen.
Dort, wo es seine Wirkung entfalten und Jobs schaffen sollte, kommt das Geld nicht an: in der Realwirtschaft. Das Vorhaben, die Finanzspekulation einzudämmen und Investitionen zu begünstigen, wird so pervertiert. Die Kreditversorgung für Unternehmen schrumpft in Europa stärker denn je seit Ausbruch der Krise. Die Niedrigstzinsen ändern daran gar nichts, weil die Banken ihre Bilanzen schrumpfen. Just in den Krisenländern, wo Investitionen dringend gebraucht würden, sind die Kredite am teuersten. Die westlichen Volkswirtschaften sollten das Wunder der Geldvermehrung neu überdenken: Die alten Rezepte greifen jedenfalls nicht mehr.