Eine Pleite des Landes Kärnten im Gefolge des Hypo-Desasters wird es nicht geben dürfen. Damit wird eine bemerkenswerte Chance vergeben.
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Riccardo Ribera d’Alcala, Chef der Generaldirektion für interne Politikbereiche der EU, machte einen bemerkenswerten Vorschlag: Weil das Wort "Bankrott" stigmatisierend und unerquicklich sei, möge es in der EU künftig nicht mehr verwendet werden und durch den anmutigen Begriff "Schulden-Restrukturierung" ersetzt werden.
Das kommt uns in Österreich gerade recht. Ist es doch für den Steuerzahler wesentlich erfreulicher, nicht für den Bankrott der Hypo Alpe Adria ein paar Milliarden blechen zu müssen, sondern bloß für die Schulden-Restrukturierung.
Weniger vergnüglich ist, dass sich unter den heimischen Parteien mehr oder weniger Konsens darüber gebildet hat, dass ein Bundesland nach den ehernen Regeln der die Verfassung überwölbenden Realverfassung nicht bankrott gehen oder Schulden-restrukturiert werden kann. Eine Pleite Kärntens wird um jeden vom Steuerzahler zu entrichtenden Preis verhindert werden.
Das ist gar nicht gut so. Denn eine allfällige Insolvenz Kärntens im Gefolge einer ebenso allfälligen Insolvenz der Hypo Alpe Adria hätte einige durchaus positive Folgen.
Vor allem - aus Sicht der Steuerzahler erfreulich - müssten die institutionellen Hypo-Gläubiger (und der Freistaat Bayern) mangels ausreichend verwertbaren Vermögens des Landes Kärntens für einen erheblichen Teil des Schadens aufkommen. Da diese institutionellen Investoren wussten, was der Unterschied zwischen einer (existierenden) Haftung Kärntens und einer (nicht existierenden, sondern bloß vermuteten) Haftung des Bundes ist, erscheint nur recht und billig, sie nun auch zur Kasse zu bitten.
Die Bonität des Bundes stiege nach der Pleite eines Bundeslandes vermutlich eher noch, weil dies den Märkten bewiese, dass er künftig nicht für die Schulden der Länder haftet. Deren Verschuldungsfähigkeit hingegen nähme zweifellos stark ab - was aber eine wünschenswerte Entwicklung wäre.
Durchaus wünschenswerte generalpräventive Auswirkungen hätte eine Pleite Kärntens auch in demokratiepolitischer Hinsicht. Denn die Folge wäre natürlich, dass den Bürgern die Dienstleistungen Kärntens mangels der notwendigen Mittel nur eingeschränkt zur Verfügung stünden. So unerquicklich das für die Betroffenen wäre, so heilsam könnte das demokratiepolitisch sein: weil den Wählern dann drastisch vor Augen geführt würde, dass sie eben auch die Konsequenzen zu tragen haben, wenn sie wirtschaftspolitische Scharlatane und Hütchenspieler wählen. Was ja nicht nur in Kärnten vorgekommen sein soll.
Dass bei Euro- und Banken-Rettung das Prinzip der Insolvenz systematisch ausgehebelt wurde, bei Banken wie bei ganzen Staaten, war eine wirtschaftspolitische Todsünde. Je früher diesem für eine Marktwirtschaft essenziellen Prinzip wieder Geltung verschafft würde, desto besser wäre das. Wird es nur nicht. Vermutlich werden sowohl jene Investoren, die klug auf die Angst des Bundes vor einer Kärnten-Pleite setzten, ungeschoren davonkommen als auch die Kärntner Wähler, die einst die dafür nötigen politischen Machtverhältnisse herbeigewählt haben. Wir lernen: Crime does pay.