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Nach der jüngsten Serie von IS-Anschlägen sollen Teheran und Riad auf Druck des Oman enger kooperieren. Eine Gratwanderung.
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Wien. Die jüngsten Terroranschläge in der muslimischen Welt durch die sunnitische Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) stellen die beiden Hauptrivalen in der Region, den schiitischen Iran und das sunnitische Königreich Saudi-Arabien, vor eine große Herausforderung. Trotz signifikant divergierender Einzelinteressen ist man sich hinter vorgehaltener Hand zumindest einig, dass es so nicht weitergehen kann.
"Es muss etwas geschehen, und zwar schnell", fordert der Regionalmediator Oman die beiden Erzfeinde zur Zusammenarbeit auf. Omas Sultan Qabus, wenn auch schon 75, ohne potenziellen Nachfolger und schwer krank, ist ein anerkannter Mittelsmann in der Region. Er schaffte es, die Saudis und die Perser dazu zu bewegen, zumindest wieder miteinander zu kommunizieren.
Allein das war schon schwierig genug, denn Teheran und Riad unterhalten seit Jänner keine offiziellen Beziehungen, da wütende Demonstranten die saudi-arabische Botschaft in Teheran attackiert hatten. Die Proteste richteten sich gegen die Hinrichtung des schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr in Saudi-Arabien. Riad brach in der Folge alle Beziehungen ab. Erstmals gibt es wegen "grober Meinungsverschiedenheiten" auch keine Möglichkeit für die iranische Bevölkerung, im Pilgermonat Hadsch nach Mekka und Medina zu fliegen.
Um die Lage zu entschärfen, telefonierte Qabus heuer mehrmals mit Irans Oberstem Führer Ali Khamenei und dem saudischen König Salman und forderte sie im Sinne des Wohles des Nahen Ostens auf, ihre persönliche Fehde um die Vorherrschaft in der Region zu vergessen und Lösungen für die drei wichtigsten Probleme in der Region zu erörtern: der Kampf gegen den "Islamischen Staat", die Flüchtlingskrise, die mehr immerhin als zehn Länder in der Region betrifft, und die Syrienfrage. Nicht ganz unbeteiligt dürfte der greise Sultan auch daran sein, dass der Iran die jüngsten Selbstmordattentate in Saudi-Arabien am Ende des heiligen muslimischen Fastenmonats Ramadan scharf verurteilt hat. Niemand Geringerer als Außenminister Mohammad Javad Zarif stellte klar, dass der Iran "den Terrorismus in all seinen Formen" scharf verurteilt.
Explizit wurde von der iranischen Führung auch die Terrorserie in Saudi-Arabien erwähnt: Der Terrorismus kenne "keine Grenzen" und müsse durch internationale und regionale Zusammenarbeit bekämpft werden. Zarif schrieb auf Twitter, Sunniten und Schiiten würden so lange "Opfer bleiben", bis sie sich dem Terrorismus gemeinsam entgegenstellten. Dem Vernehmen nach arbeitet Qabus derzeit an einer Exit-Strategie aus dem orientalischen Dilemma. Es ist zwar klar, dass Teheran und Riad nur gemeinsam gegen die IS-Miliz erfolgreich sein können, aber in der Realität verhindern die Regionalinteressen eine rasche Annäherung. Im Jemen, im Libanon, in Bahrain, in Syrien und im Irak sehen sich der Iran und Saudi-Arabien immer als Rivalen und führen zum Teil einen Stellvertreterkrieg.
Zumindest eines hat die neue brutale Terrorserie und die Mediation durch den Oman aber bereits in dieser Woche bewirkt: Beide Staaten denken über einen raschen Wiederaufbau einer fundierten und längerfristigen Gesprächsbasis nach. Das kann zwar dauern, ist aber immerhin ein Beginn.