Rosenbauer spürt Konjunktur mit zwei bis drei Jahren Verspätung. | Familie will Kontrolle im Unternehmen behalten. | "Wiener Zeitung": Haben Sie als Kind lieber gezündelt oder gelöscht? | Julian Wagner: Weder noch. Aber ich würde sagen, wenn gezündelt wurde, musste nachher auch gelöscht werden.
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Hat Feuer eine Faszination?
Ich glaube, für jeden von uns hat Feuer eine gewisse Faszination.
Hat Feuer eine Faszination?
Ich glaube, für jeden von uns hat Feuer eine gewisse Faszination.
Auch für diejenigen, die es bekämpfen beziehungsweise Gerätschaften herstellen, um es zu bekämpfen?
Wenn wir als Unternehmen an Feuerwehren liefern, ist Feuerbekämpfung ja nicht das Einzige, was Feuerwehren tun. Hier geht es um eine große Bandbreite von Brand- über Katastrophenschutz bis zu technischen Hilfsleistungen und beispielsweise die Befreiung von Menschen aus Autowracks nach Unfällen. Die Brandbekämpfung macht heute nur etwa 20 Prozent des Einsatzspektrums der Feuerwehr aus. Also stellt Feuer zwar weiterhin die symbolische Verbindung zur Feuerwehr dar, aber es nicht das Einzige ist, was uns in diesem Zusammenhang interessiert.
Der Kauf Ihrer Produkte wird zu einem überwiegenden Teil direkt oder indirekt mit öffentlichen Mitteln finanziert. Wie besorgt macht Sie in diesem Zusammenhang die allerorten angespannte Situation der öffentlichen Budgets?
Wir sind als Rosenbauer-Konzern international aufgestellt und weltweit sehr erfolgreich in den unterschiedlichsten Regionen tätig. In Österreich und Deutschland erwirtschaften wir nur jeweils etwa zehn Prozent unseres Umsatzes. Damit sind wir von budgetären Problemen, die es vielleicht in Österreich oder Deutschland gibt, nur eingeschränkt betroffen. Und grundsätzlich zeigt sich die konjunkturelle Entwicklung in unserem Geschäft erst mit einer Verzögerung von zwei bis drei Jahren.
Weil die Auftragsvergaben so langfristig erfolgen?
Die Steuereinnahmen von gestern sind in den Budgets von morgen drinnen, und die fehlenden Steuereinnahmen von heute schlagen sich normalerweise erst in den Budgets von übermorgen nieder. Das bedeutet, dass wir auch im zentraleuropäischen Markt damit rechnen, dass das heurige Jahr noch sich sehr positiv laufen wird. Ab 2011 werden sich die Dinge in dieser Region dann vermutlich verändern und wir erwarten, dass es zu einem Rückgang kommen wird. Aber wir haben die berechtigte Hoffnung, dass wir in anderen Regionen - ob im Osten oder in Asien - einen Ausgleich finden werden, der uns ein auskömmliches Wirtschaften ermöglicht.
Was aber nichts ändert an der Tatsache, dass Feuerwehrautos in der Regel in durch öffentliche Mittel finanziert werden und diese öffentlichen Mittel im Zuge einer Wirtschaftskrise fast überall auf der Welt knapper werden.
Das ist grundsätzlich richtig, aber beispielsweise hat Russland in der Feuerwehrtechnik sehr viel Erneuerungsbedarf. Auf höchster politischer Ebene wurde entschieden, diesbezüglich etwas zu unternehmen. Ein für uns auch vom Volumen her sehr interessanter Markt, den wir jetzt zu erschließen begonnen haben. Auch im gesamten arabischen Raum existiert weiterhin enormer struktureller Aufholbedarf, ebenso in Afrika und in Lateinamerika.
Die steigenden Budgetdefizite machen Sie - sei es als Unternehmer, sei es als Manager oder als Staatsbürger - gar nicht besorgt?
Ein Staat ist wie ein Unternehmen. Was ich habe, kann ich ausgeben. Was ich nicht habe, kann ich nicht ausgeben. Wenn man auf Pump lebt, gibts irgendwann einmal den Punkt, wo sich das rächt, und dann gibt es ein Problem. Ich bin deshalb grundsätzlich der Meinung, dass diese Budgetdefizite nicht gut sind. Wir sollten schauen, dass wir mit dem, was der Staat einnimmt, das Auslangen finden. Auf der anderen Seite haben wir aber ein politisches System, das eine solche Haltung eher sabotiert, weil es jede Menge Anreize für die politisch Verantwortlichen gibt, den Staat auch über die Einnahmen hinaus zu belasten. Gescheit ist das aber nicht.
Das gilt auf lokaler Ebene aber letztlich auch für die Anschaffung von schönen, großen, neuen, roten Feuerwehrautos.
Wenn es die Verantwortlichen vertreten können, für die Sicherheit kein Geld auszugeben, dann sollen sie es tun. Wenn Sicherheit kein Thema mehr ist, werden wir uns mit der Situation selbstverständlich arrangieren und darauf einstellen. Aber eines möchte ich schon sagen: Das schöne rote Feuerwehrauto ist kein Spielzeug, sondern ein Werkzeug.
Aber dieser Anreiz für Politiker, Geld auszugeben, das nicht oder nicht zur Gänze dafür vorhanden ist, gilt auch für Löschfahrzeuge.
Die Frage ist, wofür man das Geld ausgibt, das man vielleicht nicht zur Gänze hat. Das ist eine Frage der persönlichen Gewichtung und Wertung. Ist das Schwimmbad wichtig, ist die Sporthalle wichtig, ist das Altenheim wichtig, oder ist die Feuerwehr wichtig? Jeder Politiker muss kritisch hinterfragen, ob alle Investitionen von der Notwendigkeit und von der Wirksamkeit für die Bevölkerung gleichwertig sind. Die Politik muss entscheiden, was wichtiger ist. Ich bin naturgemäß dafür, dass man möglichst viel für die Sicherheit ausgibt. Aber das muss jeder Verantwortliche für sich selbst entscheiden.
Haben Sie Beispiele für Ausgaben, die Ihrer Meinung nach nicht sehr sinnvoll oder effektiv sind?
Ich werde jene Damen und Herren nicht öffentlich kritisieren, von denen wir schlussendlich unsere Aufträge bekommen. Ich ersuche um Verständnis, dass ich einzelne Investitionen bestimmter Stadtgemeinden nicht als Blödsinn bezeichnen werde.
Und wo sollte bei den öffentlichen Ausgaben ganz grundsätzlich gespart werden?
Wir haben in Österreich ein föderalistisches System. Darüber kann jeder seine eigene Meinung haben. Aber dieses föderalistische System bringt aus meiner Sicht Ineffizienz in der öffentlichen Verwaltung mit sich, und hier wäre es meines Erachtens nach sehr sinnvoll, die seit Dekaden diskutierte Verwaltungsreform ernsthaft anzugehen und zu schauen, wie man Österreich effizienter verwalten und Geld sparen kann. Hier sehe ich erheblichen Spielraum, den man aber derzeit aus politischen Gründen nicht nützt.
Wenn es zu Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen kommen soll, muss irgendjemand Kompetenzen an jemand anderen abtreten. Politiker tun das erfahrungsgemäß nicht allzu gern.
Das ist richtig, aber ich bedaure das persönlich sehr. Das ist ein systememinentes Problem, das wir in dieser Art der Staatsführung haben. Politikern ist wichtig, die nächste Wahl zu gewinnen, und damit sind staatstragend relevante Entscheidungen, die zukunftsweisend sind und langfristige strategische Effekte haben, aufgrund dieses Systems schwer zu erwarten. Würden wir als Unternehmen nur so kurzfristig denken, wären wir heute wahrscheinlich nicht dort, wo wir sind.
Aber gerade börsenotierten Unternehmen und deren Managern wird häufig Ähnliches vorgeworfen: dass nicht langfristig geplant und agiert wird, sondern vor allem auf das nächste Quartalsergebnis geschielt wird.
Das weiß ich. Aber wir sind in der sehr glücklichen Lage, dass das für uns nicht zutrifft. Wir stehen mehrheitlich im Eigentum der Familie Rosenbauer, die 51 Prozent der Anteile hält, und können daher eine sehr vernünftige, langfristig ausgerichtete Unternehmenspolitik betreiben.
Unter der Voraussetzung, dass die Aktienmehrheit in Familienhand bleibt.
Klar. Davon gehe ich aber aus.
Mit der Cross Holding von Stefan Pierer hatten Sie eine Zeit lang einen strategischen Investor, der Unternehmensbeteiligungen erwirbt, um sie nach einiger Zeit mit Gewinn wieder zu verkaufen. Der hat mit dieser Philosophie nicht wirklich harmoniert.
Dieser Investor wollte die Führung im Unternehmen übernehmen und wir wollten die Führung behalten. Er hat sie nicht bekommen, und nach einiger Zeit die Lust verloren und hat sich dann zurückgezogen. Das Unternehmen Rosenbauer und die Familie Rosenbauer haben kein Interesse gehabt, sich anderweitig zu orientieren. Der Versuch, den Einfluss im Unternehmen zu verändern, wurde damit erfolgreich abgewehrt.
Ist es eigentlich fair, Aktionäre zu haben, die zwar mit Ihnen im Boot sitzen, aber nicht darüber mitentscheiden dürfen, in welche Richtung das Boot steuert?
Grundsätzlich sind wir als Gesellschaft allen Aktionären gleichermaßen verpflichtet, was wir auch sehr konsequent leben. Aber wir haben Mehrheitsverhältnisse, die jedem bekannt sind. Jeder, der in Rosenbauer investiert, weiß davon und muss damit auch klar zur Kenntnis nehmen, dass die wesentlichen Entscheidungen vom Mehrheitsaktionär getroffen werden. Ich habe dabei persönlich auch ein sehr gutes Gefühl, weil wir eine sehr konsequente Politik für unsere Aktionäre betreiben, die darauf abzielt, dass unsere Aktionäre von dieser Beteiligung auch etwas haben. Wir betreiben eine sehr konsequente und auch konstante Dividendenpolitik. Die Erträge des Unternehmens werden vom Management so gesteuert, dass die Aktionäre ihren Teil bekommen, und das ist nicht so wenig.
Aber widerspricht das nicht eigentlich dem Prinzip einer Aktiengesellschaft oder sogar dem Prinzip des Kapitalismus, Geld von jemandem zu nehmen, und ihn über die Strategie des Unternehmens nicht mitbestimmen zu lassen?
In einem Unternehmen braucht man eine klare Führungsstruktur. Wenn wir heute jeden mitreden lassen, wohin die Reise gehen soll, werden wir das Unternehmen langfristig nicht führen können, weil wir klare Aussagen brauchen. Außerdem erhalten wir immer wieder Anfragen von Investoren, die gerne bei uns einsteigen möchten, wo es dann aber zu wenig verfügbares Aktienmaterial gibt, um deren Interesse befriedigen zu können. Also dürfte die Art und Weise, wie wir es betreiben, im Kapitalmarkt mehr Zustimmung als Ablehnung finden.
Ihr Modell der Führungsstruktur eines Unternehmens klingt ein bisschen nach dem Prinzip einer aufgeklärten Monarchie.
Ich würde sagen, ich kenne keine funktionierenden Strukturen, die in letzter Konsequenz wirklich basisdemokratisch funktionieren. Ich finde es einfach notwendig, dass es eine Spitze gibt, die die Dinge lenkt und steuert.
Börsenotierte Unternehmen haben zwangsläufig die Verpflichtung zu großen Transparenz. Familienunternehmen haben damit oft Schwierigkeiten. Wie lösen Sie dieses Spannungsfeld?
Das ist gar kein Spannungsfeld. Wir sind vor 16 Jahren an die Börse gegangen und haben diesen Schritt gesetzt, wohl wissend, dass wir damit die gesetzlich vorgeschriebenen Publizitätsvorschriften einhalten müssen. Wir haben diesbezüglich überhaupt keine Scheu. Die Investor-Relations-Arbeit, die wir leisten, wird immer wieder hoch gelobt. Wir sind in unserem täglichen Handeln, so glaube ich, würdig, an der Börse zu notieren.
Die Frage ist, tut man es gerne, oder tut man es, weil es eine Verpflichtung ist?
Diese Frage stellt sich nach 16 Jahren nicht mehr. Es ist Teil des täglichen Lebens. Ich kann mich an keine Situationen erinnern, wo ich gesagt hätte: Oh Gott, das muss ich jetzt erzählen, obwohl ich gar nicht will.
Das gilt auch für Hausdurchsuchungen, wegen des Vorwurfs von Preisabsprachen?
Das gilt auch für Hausdurchsuchungen, auch das haben wir sofort der Öffentlichkeit bekanntgegeben. Wir haben kein Problem damit.
Angenehm war es aber vermutlich nicht?
Ich sage Ihnen ehrlich, das war einzigartig. Das muss man einmal erlebt haben. Eine Hausdurchsuchung ist etwas total Spannendes.
Was ist an einer Hausdurchsuchung spannend?
Es ist etwas anderes. Das sind Erlebnisse, die kommen nur einmal im Leben vor, und das sind Herausforderungen, denen man sich stellt. Ich betrachte jede Herausforderung, die man schlussendlich meistert, als Erfolg. Und solche Erfolge liebe ich persönlich.
Aber der Vorwurf der Preisabsprachen steht weiterhin im Raum und ist Gegenstand von Verfahren.
Die Untersuchungen sind im vollen Gange, wir haben keine wie immer gearteten finalen Aussagen der Kartellbehörde, deshalb kann ich dazu nichts sagen. Wir wissen noch nicht, wie es ausgeht, glauben aber, dass es im Laufe dieses Jahres zu einem Ergebnis kommen wird.
Zur PersonJulian Wagner wurde 1950 in Berlin geboren und absolvierte beim Löschfahrzeughersteller Rosenbauer eine kaufmännische Lehre. Im zweiten Bildungsweg studierte er in Linz und Wien Betriebswirtschaftslehre.
Nach dem Unfalltod von Hans-Jörg Rosenbauer 1976 wurde er in das Management berufen und trat 1981 in die Geschäftsführung der damaligen Kommanditgesellschaft ein. Seit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1992 ist Wagner Vorstandsvorsitzender der Rosenbauer International AG. Der Rosenbauer-Konzern erwirtschaftete als einer der weltweit führenden Hersteller im abwehrenden Brand- und Katastrophenschutz mit rund 2000 Mitarbeitern zuletzt einen Umsatz von 540 Millionen Euro.