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Der Bahnhof Salzburg ist für die Flüchtlinge letzte Durchgangs- und Umsteigestation vor dem Ziel Deutschland. Ein Lokalaugenschein.
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Salzburg. "Wir werden alle einen langen Atem brauchen", sagt Doraja Eberle. Die Ex-Ländesrätin ist in Salzburg so etwas wie die Speerspitze der Zivilgesellschaft in der Flüchtlingsbetreuung. Sie half schon in der Zeltstadt auf dem Gelände des Landespolizeikommandos mit und steht nun auch auf dem Salzburger Bahnhof und hilft bei der Koordinierung der Flüchtlingshilfe.
Die Gründerin der Salzburger Hilfsorganisation "Bauern helfen Bauern" lobt das Zusammenspiel von ÖBB, Rotem Kreuz, Caritas, Maltesern und freiwilligen Helfern. Am Sonntag ist bei der Hilfe am Salzburger Bahnhof tatsächlich bereits Routine eingekehrt. In der Halle unterhalb der Bahnsteige gibt es ein provisorisches Lager mit Proviant und Sachspenden, die den Flüchtlingen beim Umsteigen angeboten werden. Das Verteilen der Proviantsackerl und Spenden auf den Bahnsteigen funktioniert reibungslos.
Arabisch sprechende Helfer
Arabisch sprechende Helfer versorgen umsteigende Flüchtlinge via Megafon mit Informationen. "Ich gebe ihnen Informationen, sage, dass dieser Zug nach München fährt, dass die Fahrt eineinhalb Stunden dauert, dass man in den Abteilen nicht rauchen darf und dass sie die Essenspakete an Frauen und Kinder weitergeben sollen", erzählt Hamza, einer der Salzburger Dolmetscher.
Auch die Fragen der Flüchtlinge drehen sich in erster Linie um die Weiterreise. "Sie wollen wissen, wie lange die Fahrt dauert und wie lange sie hier warten müssen", sagt Hamza. Mehrere Sonderzüge machen nur kurz halt und fahren nach Deutschland weiter. Landesrat Josef Schwaiger, aktuell Koordinator in der Landesregierung, sagt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", : "Die größte Schwierigkeit ist das Umsteigen auf unterschiedlichen Bahnsteigen. Durch die Ereignisse in Ungarn sind sie traumatisiert und fürchten, dass sie der Zug nicht an ihr Ziel bringt."
Problemloser Ablauf
Als am Nachmittag 700 Flüchtlinge aus 17 Bussen in Züge nach München umsteigen, verläuft alles problemlos. In der Bahnhofshalle bildet sich ein kleiner Spalier, die Flüchtlinge aus den Bussen werden von einigen Helfern mit Applaus empfangen. "Eine La-Ola-Welle für den nächsten Bus. Wir beginnen vorne und hören hinten auf", ruft ein junger Helfer.
Der Empfang sorgt bei vielen Flüchtlingen für ein Lächeln. Etablierte Hilfsorganisationen wie die Caritas versuchen, die Hilfsbereitschaft in geordnete Bahnen zu lenken. Salzburgs Caritas-Direktor Johannes Dines ist es fast unangenehm, dass zahlreiche Hilfsgüter vom Bahnhof bereits in eine andere Lagerstätte gebracht wurden. Auch eine Frau mit einem Sack Gewand verweist er an die offizielle Sammelstelle der Caritas. Denn alles, was die Flüchtlinge an dieser Durchgangsstation brauchen, ist bereits hier.
Doraja Eberle formuliert es drastischer: "Sie können es nicht mehr tragen. In unserer Überflussgesellschaft wollen wir ständig etwas hergeben. Was viele Leute hier aber am allermeisten brauchen, ist, dass man ihnen kurz etwas abnimmt." Sei es für einen Moment ein Kind, sei es eine Tasche. "Es reicht oft auch schon, wenn wir sie hier zehn Meter ihres Weges einfach freundlich begleiten", sagt Eberle.
Denn an ihrem ersten Ziel sind die Flüchtlinge erst, wenn sie in München den Zug verlassen. Das taten auch am Sonntag wieder Tausende. Insgesamt kamen laut bayrischer Polizei am Wochenende 17.000 Migranten in München an. Andere Quellen sprachen sogar von bis zu 20.000 Ankünften bis zum späten Sonntagabend. Von München werden die Flüchtlinge auch auf andere Bundesländer verteilt, mehrere Züge fuhren via München gleich in andere deutsche Städte weiter.