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Die Arbeiterkammerwahl ist in vollem Gange - die Beteiligung sinkt zusehends.
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Wien. Gehen Sie zur Arbeiterkammerwahl? Freilich, es sind weder Nationalrats- noch Landtagswahlen. Aber immerhin werden die Vertreter der Arbeiterkammer (AK) gewählt, für die es eine verpflichtende Mitgliedschaft für alle Arbeitnehmer gibt. Es ist die gesetzliche Interessenvertretung der Arbeiter und Angestellten, wie es etwas holprig formuliert heißt - und dennoch ist die Wahlbeteiligung erschreckend gering. Politologe Peter Filzmaier fürchtet eine Gefährdung der demokratiepolitischen Legitimation.
In Salzburg und Vorarlberg etwa erreichte man mit einer Beteiligung von 36 Prozent einen historischen Tiefstand. Bei der Wahl vor fünf Jahren waren es in Salzburg noch 40, in Vorarlberg 41,66 Prozent. In Tirol gingen heuer 41,3 Prozent wählen - an die 53 Prozent vor fünf Jahren kam man damit nicht annähernd heran. Die Tiroler und Vorarlberger AK bleiben weiter in der Hand der christdemokratischen ÖAAB-FCG Fraktion (Präsident Tirol: Erwin Zangerl; Vorarlberg: Hubert Hämmerle). In Salzburg haben die sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG) ihre Mehrheit ausgebaut, Präsident bleibt Siegfried Pichler.
In den restlichen Bundesländern stehen die Wahlen noch aus, ziehen sie sich doch insgesamt von 27. Jänner bis 19. Mai. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen allerdings schon deutlich: Eine großartige Veränderung ist nicht zu erwarten. Bis auf Tirol und Vorarlberg ist erneut mit einer Mehrheit der Sozialdemokraten zu rechnen. Man braucht nicht unbedingt Politikwissenschafter zu sein, um das zu behaupten.
Warum die Arbeiterkammerwahl aber offensichtlich immer weniger interessiert, ist schwieriger zu beantworten. "Die Wahlbeteiligung sinkt generell, wenn vermeintlich klar ist, wer Erster wird", sagt Filzmaier zur "Wiener Zeitung". Die Motivation "Meine Stimme zählt", wie es etwa auf Nationalratsebene der Fall ist, sinke dadurch enorm. Dass die Wahl in den Bundesländern zu unterschiedlichen Zeiten stattfindet, mache zudem das begleitende Medienecho schwierig.
"Die Kammer muss politische Bildung leisten"
Was laut Filzmaier allerdings der Hauptgrund für die sinkende Wahlbeteiligung ist, sind die einheitlichen Ideale der einzelnen Fraktionen. "Welchen Unterschied macht es, ob man Fraktion A, B oder C wählt", fragt er. Man weiß es nicht so genau.
Der Ball liege hier klar bei der fraktionsübergreifenden Kammer. Ihre Aufgabe ist es laut Filzmaier, in den Jahren zwischen den Wahlen die Unterschiede zwischen den Fraktionen zu erklären und vor allem zu manifestieren, dass eine starke Arbeitnehmervertretung keine Selbstverständlichkeit ist. "Die Kammer muss politische Bildung leisten", so Filzmaier.
Denn sonst - geht es mit der Beteiligung weiterhin bergab - könnte es demokratiepolitisch bedenklich werden. Immerhin spiegeln die bereits vorliegenden Wahlergebnisse die Meinung von weniger als der Hälfte der Berechtigten wider. Filzmaiers Vorschlag: "Man könnte sich überlegen, dass der erste Wahlgang nur gültig ist, wenn sich mehr als ein Drittel oder 40 Prozent beteiligen." Das kann man freilich nicht endlos weiterführen, nach dem zweiten Mal soll laut Filzmaier auch Schluss sein. "Die Kammer hat damit ihre Schuldigkeit getan, der Wähler hat die Bringschuld."
Für die diesjährigen Landeswahlen wäre es für diese Änderung schon zu spät. Am Montag hat die AK-Wahl in Kärnten gestartet, Niederösterreich (6. bis 19. Mai) bildet das Schlusslicht. Erst dann wird auch die endgültige Stimmverteilung feststehen und damit, wer künftig der Bundesarbeitskammer vorsitzt. Das Präsidentenamt im Bund fällt in der Regel dem Wiener Vorsitzenden, derzeit Rudolf Kaske, zu. Zu verteidigen haben die roten Gewerkschafter bundesweit 55,8 Prozent, die Christgewerkschafter erzielten vor fünf Jahren 25 Prozent. Kaske hat bereits am Montag mit einer Forderung nach einem Ausbau der Ganztagskinderbetreuung aufhorchen lassen. Diese basierte auf einer Studie der AK selbst: Demnach wünscht sich jeder dritte beschäftigte Elternteil ein ganztägiges Kinderbetreuungsangebot - aber nur acht Prozent der Befragten haben eines. Politik und Arbeitgeber seien gefordert, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen.