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Es spießt sich, sobald es knapp wird

Von Walter Hämmerle

Analysen

Eine Analyse der rot-schwarzen Beziehungen. | Klima in Linz und Graz besonders schlecht. | Wien. "Rot-schwarze Einheitspartei" höhnte Jörg Haider jahrelang in Richtung SPÖ und ÖVP - und führte die angebliche Anti-Establishment-Partei FPÖ auf diese Weise in der zweiten Hälfte der 90er Jahre zu immer neuen Höhenflügen in der Wählergunst. Und nun, keine zehn Jahre später, soll das Klima zwischen den beiden Großparteien so vergiftet sein, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit kaum beziehungsweise nur schwer vorstellbar scheint?


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Zweifellos haben sich Rot und Schwarz in den vergangenen Jahren weit auseinander gelebt: Zunächst noch bis 1999 in der ungeliebten großen Koalition, die beide Parteien mehr als Kerker denn als Partnerschaft empfanden. Und schließlich natürlich seit dem Februar 2000, als erstmals eine schwarz-blaue Regierung angelobt wurde. Dennoch blieben SPÖ und ÖVP auch während der vergangenen Jahre auf vielfältige Weise miteinander verbunden, vor allem in der Sozialpartnerschaft und in den Bundesländern.

SPÖ-ÖVP dank Proporz

Gleich in acht von neun Landesregierungen - in allen mit Ausnahme Vorarlbergs - sitzen SPÖ und ÖVP nebeneinander auf der Regierungsbank - wenn auch in Oberösterreich, Kärnten sowie Burgenland nur aufgrund des Proporzsystems; in Wien sieht die Landesverfassung die Sonderregelung "nicht amtsführende Stadträte" bei gleichzeitiger faktischer Geltung des Mehrheitssystems vor.

Allerdings: Politisch wirklich notwendig im Sinne einer Mehrheitsfindung sind nur die Koalitionen in Salzburg und der Steiermark. Im roten Burgenland und im schwarzen Niederösterreich darf aufgrund der absoluten Mehrheit einer Partei der kleinere Partner nur dank des Proporzsystems mitreden. Letzteres wurde in Tirol zwar abgeschafft, dennoch ging hier - quasi aus Gewohnheit - die ÖVP trotz absoluter Mehrheit eine Partnerschaft mit der SPÖ ein.

Wirklich reibungslos funktioniert die Zusammenarbeit jedoch nur in jenen Ländern, in denen die politischen Stärkeverhältnisse eindeutig sind. Überall sonst ist das Verhältnis zwischen SPÖ und ÖVP zumindest angespannt, wenn nicht sogar völlig vergiftet. Als Beispiel für Letzteres kann sicherlich die Situation in Oberösterreich herhalten, wo die SPÖ nur dank des Proporzsystems in der Regierung sitzt, die politische Richtung jedoch von Volkspartei und Grüne vorgegeben wird. Die schwarz-grüne Koalition war 2003 die Retourkutsche der ÖVP für einen von Seiten der SPÖ mit aller Härte geführten Wahlkampf. Dessen Wunden sind auch heute noch nicht ganz vernarbt.

Als sehr prekär erweist sich auch die steirische Koalition. 2005 wurde hier die ÖVP erstmals in ihrer Geschichte von der SPÖ von Platz eins verdrängt. Der Volkspartei unter ihrem Chef Hermann Schützenhöfer fällt es sichtlich schwer, die ungewohnte Rolle als Juniorpartner anzunehmen, wie es sich umgekehrt die SPÖ unter Landeshauptmann Franz Voves nicht immer verkneifen kann, Revanche für in der Vergangenheit erlittene Demütigungen zu nehmen. Dieser Tage streiten sich die beiden gerade über den Kurs bei der Konsolidierung der maroden Landesfinanzen.

Ganz ähnlich gelagert ist die Situation in Salzburg. Auch hier wurde 2004 ein einst schwarzes Land rot. Seitdem ist es jedoch SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller weitgehend gelungen, ihren Führungsanspruch zu untermauern. Die ÖVP unter Wilfried Haslauer jun. ist hier noch zu sehr mit sich selbst beschäftigt.