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Es sterben immer noch Kinder

Von Christopher Hoffman

Gastkommentare

Gastkommentar: Die wenig beachtete Hungerkatastrophe in Ostafrika.


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Es gibt kaum noch Medienberichte darüber, und doch ist es Fakt: Millionen Familien im östlichen Afrika sind nach wie vor von einer lähmenden Hungerkrise betroffen. Zeitungen und Magazine widmen sich anderen Themen, die die Welt beschäftigen. Aber nur weil es die Katastrophe in Somalia, Kenia, Äthiopien und im Südsudan nicht mehr in die Schlagzeilen schafft, heißt es noch lange nicht, dass sie vorbei ist. Im Gegenteil: Sie ist sehr real - und eine ganze Generation an Kindern ist in Gefahr.

Mehr als 15 Millionen Kinder in ostafrikanischen Ländern haben nicht einmal eine ausgewogene Mahlzeit am Tag. Eine Million Kinder unter fünf Jahren hungern. Wenn sie keine medizinische Hilfe bekommen, besteht die Gefahr, dass etwa die Hälfte von ihnen an den Folgen schwerer akuter Unterernährung stirbt.

Ähnlich stellt sich die Situation dar, wenn wir über sauberes Wasser reden. Während wir in Europa mehrere hundert Liter Wasser pro Tag zum Trinken, Waschen und Kochen zur Verfügung haben, muss eine Person in Ostafrika mit weniger als sieben Litern pro Tag auskommen. Das ist gerade einmal ein großer Topf voll.

Zu viele Kinder konnten nicht gerettet werden

Viele fragen sich, warum die Regierungen dieser Länder ihrer eigenen Bevölkerung nicht helfen. Die Wahrheit ist: Sie tun es, sind aber schlicht von der Dimension dieser Krise überfordert. Das Ausmaß und die Not sind verheerend. Im Südsudan und in Somalia etwa benötigt fast die Hälfte der gesamten Bevölkerung Zugang zu sauberem Wasser und Nahrungsmittelunterstützung. In Äthiopien sind 8,5 Millionen Menschen in einer humanitären Notlage - das sind fast so viele Menschen, wie in Österreich leben.

Vor kurzem besuchte unser Team ein ländliches Krankenhaus im Norden Kenias. Was die Mitarbeiter dort sahen, war furchtbar. Auf einer Tafel wurden alle Kinder vermerkt, die unterernährt ins Krankenhaus kamen. Es gab drei Spalten: "In Behandlung", "Geheilt", "Verstorben". Zu viele konnten nicht gerettet werden.

Organisationen wie World Vision tun mit der Unterstützung von Regierungen und in Zusammenarbeit mit der UNO, dem Welternährungsprogramm und dem UNHCR alles, was sie können. Alleine World Vision hat in den vergangenen sechs Monaten mehr als drei Millionen Menschen mit Hilfsmaßnahmen erreicht.

Die größte Krise in der Geschichte der Region

Aber es muss noch viel mehr getan werden. Diese länderübergreifende Krise ist die größte, die es je in diesem Teil Afrikas gab. Und wir können nicht einfach die Augen davor verschließen und sie zu einer vergessenen Krise werden lassen.

Dies muss keine globale Realität sein. Mit den heute verfügbaren Technologien und Möglichkeiten ist die bloße Tatsache, dass Millionen Menschen weltweit hungern müssen, der reinste Hohn. Wir müssen gemeinsam etwas dagegen tun und den Menschen, die unsere Unterstützung brauchen, weiterhin helfen. Wir müssen afrikanische Regierungen dazu ermutigen, Verantwortung zu übernehmen. Und die westlichen Regierungen können die schlimmsten Auswirkungen dieser Krise abwenden, indem sie Mittel für Nothilfemaßnahmen zur Verfügung stellen. Das ist eine Verantwortung, die wir unseren Mitmenschen in Ostafrika gegenüber haben.

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Christopher Hoffman

ist Regionalleiter für humanitäre Hilfe in Ostafrika bei World Vision.