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"Es verkauft sich nicht, für die USA zu sein"

Von Alexander U. Mathé

Europaarchiv

USA in Südamerika im Hintertreffen? | EU betreibt aggressivere Annäherung. | Wiener Zeitung:Kann die EU angesichts der Vormachtstellung der USA in Lateinamerika überhaupt Fuß fassen?


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Tomás Chuaqui: Nachdem die USA Sorgen auf anderen Teilen des Erdballs hatten, war ihre Aufmerksamkeit Lateinamerika gegenüber in letzter Zeit relativ gering. Ein Anzeichen für den Verlust an Einfluss war die letzte Generalsekretärswahl in der OAS (Organisation Amerikanischer Staaten). Die haben die USA immer dominiert. Da wurde aber zum ersten Mal in der Geschichte der OAS nicht der von den USA unterstützte Kandidat zum Generalsekretär gewählt. Das hat sehr starke Symbolkraft. Zum Teil ist das eine Reaktion der lateinamerikanischen Regierungen auf die öffentliche Meinung, die den Vereinigten Staaten seit dem Irak-Krieg sehr negativ gegenüber eingestellt ist. Das bedeutet, dass es sich in Lateinamerika nicht mehr gut verkauft, Haltung für die USA einzunehmen.

Hat die EU nach dem Scheitern ihrer Verfassung nicht Glaubwürdigkeit verloren?

Wir hinken dermaßen hinterher, dass wir selbst von einer EU in ihrem jetzigen Zustand viel lernen können. Es ist auch so, dass man in Lateinamerika den Ereignissen in Frankreich und Holland nicht so viel Bedeutung beimisst, wie es die Europäer selbst tun. Denn im schlimmsten Fall wird der Status Quo beibehalten werden, und der ist dem Zustand in Lateinamerika weit voraus.

Eine Chance für Europa?

Die EU hat im Gegensatz zu den USA letztlich eine viel aggressivere Aktivität der Annäherung an den Tag gelegt. Trotzdem bleibt zum Beispiel beim Thema Sicherheit der Einfluss der USA viel stärker als der der EU. Das vor allem deshalb, weil die Position Europas in der Welt noch nicht so stark ist, als dass sie mit den USA konkurrieren könnte. Das wird sich vorläufig nicht ändern; auch nicht mit der Unterstützung Lateinamerikas. Die EU selbst muss versuchen, stärkere Sicherheitsinstrumente zu finden als die, die sie derzeit hat. Und doch gibt es in Lateinamerika Pläne, zweigleisig zu fahren. Unter Akzeptanz der Hegemonie der USA sollen gleichzeitig starke Banden mit Europa und Asien geknüpft werden. Ob das auch klappen wird, ist noch nicht absehbar.

Was würde Lateinamerika in eine Sicherheits-Partnerschaft einbringen?

Hauptpunkt wäre sicherlich eine Kooperation im Weltsicherheitsrat. Besonders im Hinblick auf die Hoffnung, dass Brasilien schon bald als ständiges Mitglied in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen aufgenommen werden soll.

Prof. Tomás Chuaqui ist Vorstand des Instituts für Politikwissenschaft der Universidad Católica, Santiago de Chile