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Es war die Krise, nicht die Aufsicht

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Hypo war "wunderbar" und "nicht in Schieflage". | E-Mail mit Grasser-Konnex laut Tilo Berlin eines von vielen. | Klagenfurt. Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser hetzt derzeit von einer Befragung zur nächsten. Während die diversen Vernehmungen bei der Staatsanwaltschaft jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, musste Grasser am Mittwoch zur Abwechslung vor breitem Publikum Rede und Antwort stehen. | Dossier: Der Hypo-Skandal


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Im Hypo-Untersuchungsausschuss des Kärntner Landtags wurde der Finanzminister der Jahre 2000 bis - Anfang - 2007 zu seiner Rolle und jener der Finanzmarktaufsicht in Zusammenhang mit der später notverstaatlichten Hypo Group Alpe Adria befragt. Das Medieninteresse war enorm, und leichte Spannung kam gleich ganz zu Beginn bei der Standardfrage auf, ob der Zeuge mit einer der am U-Ausschuss beteiligten Personen "verwandt, verschwägert, befreundet, eng befreundet oder verfeindet" sei. Grasser - als ehemaliger Landeshauptmannstellvertreter mit Abgeordneten der meisten Fraktionen auf Du und Du - löste das Problem salomonisch: "Das ist eine Frage, die nicht leicht zu beantworten ist. Im Grundsatz: nein."

Wesentlich klarer wies Grasser in der Folge Vorwürfe zurück, er - als zuständiger Minister - und die Finanzmarktaufsicht (FMA) hätten die Probleme bei der Kärntner Bank bereits 2006 erkennen müssen. Damals wurden schließlich verschleierte Spekulationsverluste bei der Hypo im Ausmaß von 328 Millionen Euro bekannt. Grasser wies darauf hin, dass die FMA eine Vorortprüfung eingeleitet hätte. Das Ergebnis sei gewesen, dass die Bank die Eigenkapitalanforderungen erfülle.

"Die Bank war nicht in einer Schieflage", so Grasser. "Wäre die Finanzkrise nicht gekommen, würde es der Hypo genauso wunderbar gehen wie zuvor." Die Krise sei 2006 nicht absehbar gewesen. Kritik übt Grasser jedenfalls an der Vorgehensweise bei der Notverstaatlichung und der Übernahme der Bank vom Haupteigentümer BayernLB und den Mitaktionären Land Kärnten, Grazer Wechselseitige und Hypo-Mitarbeiterstiftung Ende 2009. Bayern sei "größer und wahrscheinlich reicher" als Österreich. Es stelle sich die Frage, wieso das Gesamtrisiko nun dem österreichischen Steuerzahler aufgebürdet worden sei, meint Grasser. Dass bei einer Pleite der Bank das Land Kärnten 20 Milliarden Euro an Garantien erfüllen müsste, lässt er als Begründung nicht gelten.

Keine Auskünfte gab Grasser, was ein kolportiertes Investment von ihm oder seiner Schwiegermutter bei der Hypo Ende 2006 - also noch zu seiner Zeit als Minister - betrifft.

Etwas auskunftsfreudiger zeigte sich hier der zweite Star-Zeuge des Tages, Ex-Hypo-Vorstandschef Tilo Berlin. Er bestätigte die Existenz eines E-Mails seiner Sekretärin an Grasser-Freund Walter Meischberger, in dem Grasser konkrete Unterlagen für eine Beteiligung übermittelt werden sollten. Berlin bestreitet, dass Grasser Teil einer Investorengruppe gewesen sei, die mit einem Kurzfristengagement bei der Hypo damals einen guten Schnitt gemacht hatte.

Plaudern ohne Invest-Absicht

Er habe mit dem Minister ein Gespräch über die Bank gehabt, jedoch nicht über ein Investment seinerseits. Grasser habe dann die Übermittlung der Unterlagen erbeten. Weshalb Meischberger, der in der Causa Buwog schwer unter Beschuss steht, hier im Spiel war, klärte Berlin nicht auf. Grasser hat stets jedes Fehlverhalten bestritten, es gilt die Unschuldsvermutung. Zum Hauptinteresse des Ausschusses dem Verkauf der Hypo-Mehrheit an die BayernLB im Jahr 2007 - enthielt sich Berlin mit Verweis auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen ihn der Aussage.