"Demokratiereform" und "Steuergerechtigkeit".|Ohne die Unterstützung der Großparteien kaum Chancen.
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Wien. Die ÖVP geht mit Plänen zu einer Demokratiereform hausieren, die SPÖ wird nicht müde, mehr Steuergerechtigkeit einzufordern - eine Unterstützung für Volksbegehren zu genau diesen Themen gibt es aber vonseiten der Regierungsparteien nicht. Daher ist es auch äußerst fraglich, ob sich bis zum Ende der Eintragungsfrist am kommenden Freitag (15. Juni) die notwendigen 8032 Unterstützungserklärungen ausgehen. Zu Beginn der letzten Eintragungswoche geben sich die Initiatoren zuversichtlich und wollen im Endspurt nochmals kräftig mobilisieren.
Das wird auch nötig sein, denn beim Demokratievolksbegehren "MeinOE" fehlen noch rund 3000 Unterschriften. Daher appellierte Ex-Vizekanzler Erhard Busek (ÖVP) an die Österreicher, "sich vom Hintern zu erheben und zu unterschreiben, sonst wird’s nicht besser". Noch bis Freitag kann man sich auf den Gemeindeämtern und Magistratischen Bezirksämtern in die entsprechenden Listen eintragen, wenn man die Forderungen von "MeinOE" nach mehr Persönlichkeitswahlrecht, mehr direkter Demokratie und Stärkung des Parlamentarismus teilt.
Wem es hingegen ein Anliegen ist, Arbeitseinkommen zu entlasten und Vermögen stärker zu besteuern, sollte seinen Wilhelm unter das Volksbegehren "Steuergerechtigkeit Jetzt!" setzen. Dessen Mitinitiator Rudolf Fussi konnte am Montag keine genauen Angaben machen, wie viele bisher unterzeichnet haben: "Vielleicht haben wir es schon geschafft, aber ich glaube, es wird äußerst knapp."
Das war 2002 ganz anders, als Fussi gegen die Eurofighter im Handumdrehen genügend Unterstützungserklärungen beisammen hatte (insgesamt 18.300 Unterstützungserklärungen, das Volksbegehren unterschrieben damals 625.000 Österreicher).
Gründe dafür, dass es diesmal ungleich schwieriger ist, sieht Fussi im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" mehrere. Zum einen sei die Steuergerechtigkeit "kein simples Ja-Nein-Thema", sondern relativ komplex. Dafür seien die Menschen aber zu wenig informiert, was, so Fussi, vor allem an den Medien liege. Die Initiatoren hätten ihr Möglichstes getan und vor allem über soziale Netzwerke im Internet mobilisiert, in den großen Medien sei das Volksbegehren aber "überhaupt nicht vorgekommen".
Enttäuscht von SPÖ
Ein Unterschied zum Abfangjäger-Volksbegehren von 2002 sei zudem, dass nun beide Großparteien in der Regierung säßen. Diesbezüglich ist Fussi vor allem von der SPÖ enttäuscht, aus der er im Winter erst ausgetreten ist. Zwar gebe es Unterstützung durch Wiener und niederösterreichische Arbeiterkammer und Sozialistische Jugend, die SPÖ selbst "lässt ihre Basisfunktionäre aber im Regen stehen, weil sie sich das Thema für den Wahlkampf aufsparen will". Dafür nehme die SPÖ sogar eine "Beschädigung des Themas in Kauf", so Fussi.
Das geringe Interesse der Österreicher an den aktuellen Volksbegehren ist für den Initiator auch eine Folge allgemeiner Politikverdrossenheit. Zudem sei das Instrument der Volksbefragung "durch die ständigen Schubladisierungen endgültig beschädigt" worden. Braucht es also eine Änderung des Instruments? "Ja sicher", sagt Fussi und fordert eine Entbürokratisierung und Vereinfachung von Volksbegehren durch Mittel des E-Government. "Vor allem aber braucht es Konsequenzen statt Schubladisierungen", so Fussi. Ab einer Unterstützung von 10 Prozent der Wahlberechtigten fordert er eine verpflichtende Volksabstimmung. Das wäre sich 2002 mit 10,65 Prozent gerade so ausgegangen.