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Teilnahme an Olympia-Eröffnung abgesagt. | Dem Land droht eine weitere Destabilisierung. | Neu Delhi. Es wird eng für den Präsidenten. Er muss schon am Montag ein Amtsenthebungsverfahren fürchten. Das Land könnte dadurch noch instabiler werden - mit unabsehbaren Folgen für die ganze Region.
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Das Flugzeug steht bereit. Doch Pakistans Präsident Pervez Musharraf will nicht nach China fliegen, wo er wie viele andere Staatsoberhäupter an der Eröffnungsfeier der olympischen Sommerspiele teilnehmen wollte. Nicht moralische Empörung über Menschenrechte haben den Ex-General seine Reiseplänen ändern lassen, sondern ein gefährliches politisches Machtspiel auf heimischem Boden. Musharraf muss befürchten, dass die Regierungskoalition in Islamabad schon am Montag ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn einleitet.
Dass Musharraf seine Reise nach Peking am Donnerstagabend noch nicht angetreten hatte, werten viele in Islamabad als ein Zeichen, dass die Lage ernst ist. Pakistan und China sind seit Jahren enge Verbündete.
Bei den Wahlen im Februar hat die Musharraf nahestehende Partei PML-Q eine schwere Niederlage erlitten. Die neue, ziemlich wackelige Regierung aus Musharraf-Gegnern erklärt seitdem, sie wolle den Präsidenten loswerden, doch der frühere Militärchef hält sich trotzig im Amt. Er werde sich verteidigen, falls das Parlament über ein Amtsenthebungsverfahren befinden werde, sagt er.
Uneinigkeit in der Regierungskoalition
Die Regierungskoalition aus zwei früheren Erzfeinden, der Pakistanischen Volkspartei (PPP) und der Muslim-Liga-N (PML-N) kann sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Präsidenten einigen.
Beide erklären vollmundig, Musharraf müsse von der politischen Bühne verschwinden, doch wie das geschehen soll, darin waren sie stets uneinig. Die PML-N unter Führung von Nawaz Sharif hat ihre Minister aus dem Kabinett zurückgezogen, weil es ihr mit Musharrafs Abgang nicht schnell genug geht. Die PPP hingegen hat es nicht besonders eilig. Musharraf sei ziemlich "unbedeutend", die wirkliche politische Macht liege beim Premierminister, meinte jüngst Premier Yusuf Raza Gillani von der PPP.
Nun haben sich die beiden Parteien nach dreitägigen Beratungen im Entwurf offenbar darauf verständigt, dass die Nationalversammlung am kommenden Montag in einer Sondersitzung über ein Amtsenthebungsverfahren gegen Musharraf beraten soll.
Die Regierung verfügt im Parlament über eine komfortable Mehrheit. Dennoch - Pakistans Parlamentarier sind dafür bekannt, mit der Gunst der Mächtigen zu stimmen. Und die wahre Macht hat in Pakistan stets beim Militär gelegen. Ob die Armee noch loyal zu Musharraf steht, ist die große Frage.
Die Gillani-Regierung ist schwach. Taliban- und Al-Kaida-Kämpfer nutzen die Instabilität, um sich im unwirtlichen Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan neu aufzustellen.
Die Position des in Pakistan traditionell mächtigen Militär- und Geheimdienstapparats ist völlig undurchsichtig. Ein Verfahren gegen Pervez Musharraf könnte das Land noch weiter destabilisieren - mit schweren Folgen für die gesamte Region.