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Es wird metallern

Von Petra Tempfer

Wirtschaft

Arbeitnehmervertreter der Metallindustrie fordern drei Prozent mehr Lohn und Gehalt - für die Arbeitgeber unvorstellbar.


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Wien. Etwas abgekämpft wirkten die Gewerkschafter Rainer Wimmer (Pro-GE) und Rudolf Wagner (GPA), als sie am Montag den Verhandlungssaal in der Wirtschaftskammer verließen. Die Chefverhandler hatten den Arbeitgebern ihre Forderungen für die rund 180.000 Beschäftigten der Metallindustrie übergeben und damit die alljährliche Herbstlohnrunde eröffnet. Anders als in der Vergangenheit gaben die Gewerkschafter ihren konkreten Wunsch von Ist- und Kollektivertrag-Löhnen und -Gehältern für die kommenden zwölf Monate bereits am ersten Tag bekannt. Sie fordern drei Prozent mehr Lohn und Gehalt, für Wenigverdiener sogar noch mehr sowie - erneut -eine Freizeitoption. Der Mindestgehalt in der Metallindustrie liegt derzeit bei 1750 Euro brutto.

"Das ist für uns unvorstellbar", konterte sogleich Arbeitgeber-Vertreter Christian Knill vom Fachverband der Maschinen- und Metallwaren- und Gießereiindustrie (FMMGI). Schon die 1,5-Prozent-Erhöhung im Vorjahr sei deutlich über der Jahresinflation von 0,9 Prozent gelegen. Für heuer gehen die Sozialpartner von einer Teuerungsrate von 0,8 Prozent aus. Die Wirtschaft stagniere, sagte Knill, die Auftragslage sinke. Brexit und Russlandembargo stellten zusätzliche, besondere Belastungen dar. Bis zu 80 Prozent der Produktion gingen in den Export.

Wirtschaftswachstum lautWifo besser als im Vorjahr

Stimmt nicht, sagten dazu Wimmer und Wagner. Die Produktivität, Gewinne und Dividende stiegen, die Konjunktur ziehe an. Das rechtfertige die Drei-Prozent-Forderung. Dieses Wachstum beziehe sich auf die Gesamtwirtschaft, sagte dazu Knill, es sei aber die Branchenproduktivität relevant -und diese stagniere.

Für den stellvertretenden Leiter des Wifo, Marcus Scheiblecker, "haben beide recht". Die Wirtschaft wachse endlich wieder stärker, leide aber unter schwachem Export, sagte er im Ö1-"Morgenjournal" Montagfrüh. Es gebe zwar eine schwache Inflation, allerdings sei das Wirtschaftswachstum besser als im Vorjahr. Die Lohnerhöhung werde sich "in Richtung 1,5 Prozent" bewegen, "vielleicht einen Tick höher", so der Experte. ÖGB-Präsident Erich Foglar geht davon aus, "dass es einen Abschluss geben wird, den beide Partner tragen können". Das sagte er am Montag im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien. Für Wimmer gibt es allerdings keine untere Schmerzgrenze, wurde er nicht müde zu betonen. "Wir meinen, was wir sagen."

Die Arbeitnehmerseite forderte am Montag zudem eine Freizeitoption, also mehr Freizeit statt einer Lohn- und Gehaltserhöhung. Diese Option werde von den Arbeitnehmern nachgefragt, rund 20 Prozent der Betriebe würden sie bereits anbieten, sagte Wimmer.

"Stimmt nicht", widersprach diesmal Knill. Es seien lediglich zehn Prozent. Bei einer Lohnerhöhung von drei Prozent bekämen die Beschäftigten rund 7,5 Tage im Jahr Zusatzurlaub (Vollzeitkraft). Die Annahme der Freizeitoption ist für den Beschäftigten übrigens nicht verpflichtend.

Weiters forderten die Arbeitnehmer, dass die Fahrtkosten ins Internat für Lehrlinge vollständig von den Betrieben übernommen werden, und sie wollen einen Rechtsanspruch und Kündigungsschutz für den Papamonat.

Am Montagnachmittag, nach einer Stärkung mit Gulasch, ging es in die sogenannten Wirtschaftsgespräche, danach startete schon die erste Verhandlungsrunde. Nach zwei Stunden war alles wieder vorbei, am 10. Oktober wird weiterverhandelt. Wimmer geht von schwierigen Verhandlungen aus. "Ich glaube eher nicht, dass es rasch gehen wird", sagte er. Im Vorjahr hatte der FMMGI die ersten KV-Verhandlungen abgebrochen - und die Betriebsräte drohten mit Streik.

Ein in der Vergangenheit stets strittiges Thema haben die Sozialpartner jedenfalls schon im Sommer ausgeräumt: Mit einem Zeitkontenmodell, das am 1. Juli in Kraft treten wird, ist die Arbeitnehmerseite den Arbeitgebern bei einer Flexibilisierung der Arbeitszeit entgegengekommen. Für die Anwendung ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat notwendig, die Betriebe werden bereits geschult. "Offensichtlich sind die Fronten nicht so verhärtet", sagte dazu Wifo-Experte Scheiblecker. Die konjunkturelle Dynamik müsste vor allem aus dem Ausland kommen, dann werde man sehen, wie dieses neue Instrument funktioniere.

"Gewerkschaften schützen den, der nicht geschützt werden will"

Eine Arbeitszeiterhöhung über die derzeit erlaubten zehn Stunden pro Tag lehnte Wimmer am Montag aber dezidiert ab. Für Monika Kis-Contos, Personalverantwortliche beim Maschinenbauer Maplan in Niederösterreich, ist das allerdings nicht nachvollziehbar. "Die Gewerkschaften schützen hier jemanden, der gar nicht geschützt werden will", sagt sie zur "Wiener Zeitung". Vielmehr wünsche sich der Mitarbeiter, die tägliche Arbeitszeit bei gleicher Wochenarbeitszeit auszuweiten, um Zeit ansparen und zum Beispiel nur vier Tage pro Woche arbeiten zu können. Die Befürchtung der Gewerkschafter, dass man diese Zeit dann aufgrund des Personalmangels nicht einlösen werde können, teilt Kis-Contos nicht. Sobald die gesetzliche Regelung dazu existiere, "ist das ein Einteilungsthema".

Die geforderte Lohnerhöhung von drei Prozent hält Kis-Contos für unrealistisch. "Das kann nicht die tatsächliche Forderung sein", sagt sie, "ich würde die Erhöhung von 1,5 Prozent wie im Vorjahr als angemessen empfinden."