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Es wird nicht leichter

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© Luiza Puiu

Van der Bellens größte Sorge muss einem Parteiensystem gelten, das sich hartnäckig selbst destabilisiert.


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Mit der Angelobung am Donnerstag startet Alexander Van der Bellen in seine zweite Amtszeit als Bundespräsident. Mit einer Rede über sein Amtsverständnis und rote Linien will er eine Orientierung für kommende Weichenstellungen bieten. Allerdings wird er auch ein Getriebener der irrlichternden Verhältnisse bleiben.

So spricht wenig dafür, dass die Republik in den kommenden Jahren auf stabileren Füßen stehen wird. Österreichs Parteienlandschaft ist seit den 1990er Jahren im Umbruch und hat bis heute keine neue Machtbalance gefunden. Aktuell setzt die FPÖ zum dritten Mal zum Sprung ins Kanzleramt an: nach Jörg Haider Ende der 1990er, Heinz-Christian Strache rund um 2015/2016 nun Herbert Kickl.

Das ist, abseits aller anderen Entwicklungen, der Rahmen, der der zweiten Amtszeit des 79-jährigen Staatsoberhaupts den Stempel aufdrücken wird. Dies nicht allein, weil bisher noch jede Regierungsbeteiligung der FPÖ einen Gärungsprozess einleitete, der früher oder später zur Implosion führte.

Hinter dem Wiederaufstieg der FPÖ steckt das Versagen von ÖVP wie SPÖ, alternative Antworten auf die Themen der Zeit und die Sorgen der Menschen zu finden und umzusetzen; auch dass es weder Grünen noch Neos gelingt, die Wähler, die sich von Türkis und Rot abwenden, an sich zu binden, ist ein Teil des heimischen Dilemmas. Diese Konstellation eröffnet wiederum politischen Start-ups und Abenteurern unendlich viel Platz.

All das ist für Van der Bellen relevant, weil es zu den wesentlichsten Aufgaben des Bundespräsidenten gehört, für stabile Verhältnisse zu sorgen. Den Rahmen seiner Möglichkeiten bestimmen neben den rechtlichen Befugnissen die parlamentarischen Mehrheiten. Natürlich kann der Bundespräsident einer Regierungskonstellation insgeheim den Vorzug vor einer anderen geben, aber das darf nicht Richtschnur seines Handelns sein.

Im Kern wird es bei der nächsten Regierungsbildung, die spätestens im Spätherbst 2024 ansteht, darum gehen, ob eine Koalition mit der FPÖ - womöglich mit einem Kanzler Kickl samt den damit einhergehenden Erschütterungen - stabiler sein kann als eine Regierung ohne FPÖ. Und dann sind da die haushohen Themen für jede Regierung: De-Fossilisierung, Budgetkonsolidierung, Absicherung des Sozialstaats bei gleichzeitiger Erwirtschaftung des dafür notwendigen Wohlstands, Management der Migration.

Van der Bellens größte Sorge muss einem Parteiensystem gelten, das sich hartnäckig selbst destabilisiert.