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"Espana va bien" · Aznars Partei ist siegessicher

Von Edgar Schütz

Politik

Madrid · Die erste Legislaturperiode von Jose Maria Aznar als Ministerpräsident Spaniens war von einem Satz geprägt: "Espana va bien" · "Spanien geht es gut". Wieder und wieder pflegte der | Vorsitzende der konservativen Volkspartei (Partido Popular/PP) nach dem Wahlsieg im März 1996 mit diesem Satz die Erfolge seines von katalanischen Nationalisten gestützten Minderheitenkabinetts zu | preisen.


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Zwar hatten boshafte Karikaturisten Hochkonjunktur, doch blieben Aznars Worte offenbar auch in den Ohren der Wähler hängen. Umfragen zufolge dürfte die Volkspartei bei den Parlamentswahlen am 12.

März trotz des Zusammenschlusses von Sozialisten (PSOE) und Vereinigten Linken (IU) zu einem Wahlbündnis wieder als stimmenstärkste Partei hervorgehen.

Die linksliberale Tageszeitung "El Pais" sagte der Regierungspartei Anfang der Woche in einer Wahlgrafik 165 bis 171 Sitze (bisher 156) im Abgeornetenhaus voraus. Die Partei Aznars dürfte damit

rund 41,7 Prozent der Stimmen erreichen und wäre so weiter auf die Duldung der katalanischen Convergencia i Unio (CiU) angeweisen.

Das Ende Jänner geschlossene Wahlbündnis zwischen Sozialisten (PSOE) und der kommunistisch dominierten Vereinigten Linken (Izquierda Unida/IU) wird den Berechnungen zufolge gemeinsam auf maximal 152

Sitze im "Congreso" kommen.

Zwar punkten die Sozialisten weiter in Hochburgen wie Andalusien, wo am Sonntag auch Regionalwahlen anstehen, zulegen vermochte die PSOE aber nur in der Extremadura. Es wird erwartet, dass Katalonien

zum "Zünglein an der Waage" wird. Nach absoluten Zahlen liegen dort zwar nach wie vor die katalanischen Sozialisten (PSC/PSOE) und die CiU in der Wählergunst voran, doch machte die PP zuletzt

deutlich an Boden gut. Insbesondere im vergleichweise wohlhabenden und bevölkerungsreichen Großraum Barcelona, wo an die fünf Millionen Menschen leben, werden der Volkspartei deutliche Gewinne voraus

gesagt.

Das Umdenken des traditionell "links" orientierten katalanischen Mittelstandes kommt nicht von ungefähr. Die auf einem Sparkurs und der forcierten Privatisierung von Staatsbetrieben basierende

Wirtschaftspoltik der PP-Regierung kam Katalonien besonders zu Gute: Sank die Arbeitslosigkeit landesweit von 22,9 Prozent auf zuletzt rund · im Europa-Durchschnitt immer noch sehr hohe · 16 Prozent,

wies sie in Katalonien zuletzt sogar nur noch eine Ziffer vor der Kommastelle auf. Die positive Wirtschaftsentwicklung ist zweifellos "der" Trumpf, mit dem Aznar punktet. Mit einer Wachstumsrate von

3,7 Prozent liegt Spanien über dem europäischen Mittel. Dazu wurden in den vergangenen vier Jahren 1,8 Millionen neue Jobs geschaffen. Das Rezept, so Aznar, könnte ganz Europa als Vorbild dienen:

"Stabilität, Reform bei der Besteuerung und ein liberaler Arbeitsmarkt, das schafft überall Wohlstand für die Gesellschaft."

Die niedrige Geburtenrate in Spanien veranlasste Aznar im vergangenen Herbst sogar zu der umstrittenen Ankündigung, die spanische Wirtschaft werde in der Zukunft sogar mehr als eine Million

Fremdarbeiter benötigen, um den "Boom" aufrecht erhalten zu können.

Es war jedoch die "Ausländerfrage", die für einen scharfen Misston vor den Wahlen sorgte. Die Gewalttätigkeiten gegen afrikanische Gastarbeiter im andalusischen Ort El Ejido wurden von der Opposition

ebenso vehement thematisiert wie das Wiederaufflammen des Terrors der baskischen Separatistenorganisation ETA. Nachdem die ETA den 14 Monate währenden Waffenstillstand aufgekündigt und bei zwei

Bombenattentaten in Madrid und Vitoria einen General der Streitkräfte und einen sozialistischen Lokalpolitiker getötet hatte, wurde Aznar mit dem Vorwurf konfrontiert, die Chance auf einen dauernden

Frieden im Baskenland durch Untätigkeit verpasst zu haben. Zudem wurde die Regierung wegen der Entwicklung rund um den chilenischen Ex-Diktator Augusto Pinochet kritisiert. Sie habe dessen

Auslieferung an Spanien nicht genug unterstützt und damit seiner Rückkehr nach Chile Vorschub geleistet, kritisierte der Spitzenkandidat der PSOE, Joaquin Almunia.

Diesem war es im Jänner gelungen, frischen Wind in den Wahlkampf zu bringen. Trotz teilweise diametral unterschiedlicher Auffassungen (z.B. im Verhältnis zur NATO) schloss er ein Wahlbündnis mit der

Izquierda Unida. Zwar ist der rot-rote Zusammenschluss für Aznar nur ein "zusammengewürfelter Haufen", der im Falle eines Wahlsieges Spaniens Anschluss an Europa gefährden und den Wohlfahrtsstaat ins

Verderben führen würde, doch konnte die "neue Linke" besonders bei jüngeren Wählern punkten. Die IU führt immer wieder die Franco- Vergangenheit der Alianza Popoular (AP), der PP-Vorgängerpartei, ins

Treffen. Almunia versucht, die Regierung mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Er stellte vordringlich den heftig propagierten Erfolg der Arbeitsplatzpolitik in Frage. Von den über zehn Millionen

1999 abgeschlossenen Arbeitsverträgen seien nur sieben Prozent unbefristet gewesen, kritisierte Alumina: "Das fördert die Unsicherheit in der Gesellschaft. Die Jugend kann ihre Zukunft nicht mehr

planen."