)
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Früher musste Essen vor allem eines: satt machen. Wenn es dazu noch gut schmeckte und vielleicht auch noch in angenehmer Gesellschaft eingenommen werden konnte: umso erfreulicher. Voller Magen, glückliche Münder.
Heute sieht das anders aus. Zumindest dort, wo Menschen es sich leisten können, über bloße Sättigung hinauszudenken.
Essen muss gesund machen. Oder zumindest halten. Nahrung ist Medizin, Heidelbeeren gegen Demenz, Milch für die Knochen. Gar nicht so einfach. Ein Speiseplan ohne eventuell krebserregende Substanzen scheint die Quadratur des Kreises.
Dazu muss sie nachhaltig sein. Eier von glücklichen Hühnern, Gemüse nur Bio, zur Schlachtung gestreicheltes Fleisch. Bitterschokolade nur fairtrade. Jeder Bissen prägt den ökologischen Fußabdruck. Den Weltuntergang herbeiessen? Wer will das schon.
Für viele dient Essen dazu noch als Ausdruck einer Lebensphilosophie. Man ist, was man isst. Veganer schotten sich gegenüber Vegetariern ab. Und gegen Anhänger der Steinzeit-Diät.
Und dann muss Essen auch noch die Familie zusammenhalten. Das gemeinsame Abendessen ist schließlich heilig. Wenn es schon sonst nichts mehr ist.
Schnell muss es natürlich auch noch gehen, aber bitte trotzdem selbst gemacht. Mit der ganz persönlichen individuellen Note. Damit es die Zur-Schau-Stellung in sozialen Medien besteht. Schaut, wie ich gut bin zu mir, zu meinen Liebsten. Zu den ausgebeuteten Bauern, zu Mutter Erde.
Derart aufgeladen kann Essen gar nicht anders als dick machen. Oder krank. Sie scheinen auch zu zählen: die emotionalen Kalorien.