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Das Problem der Künstler und Schriftsteller ist die Steuer. Sie können ihr schöpferisches Ungestüm nicht in steuerabsetzbare Betriebsausgaben umsetzen; sie können ihre Gehirnarbeit nicht abschreiben und erhalten für ihre genialen Einfälle keinen Investitionsfreibetrag. Wenn sie in langen Schaffensperioden zunächst nur Verluste erzeugen, laufen sie Gefahr, vom Fiskus als Hobbykünstler verlacht zu werden. Wenn sie nach darben Jahren endlich Anerkennung und Lohn erhalten, räumt die Finanz 50% ab. Eine Novelle zum Einkommensteuergesetz will einen Ausweg bieten: den "Gewinn-Rücktrag".
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Der Reformgedanke trägt den Besonderheiten der Künstler und Schriftsteller Rechnung. Ehe ein Kunstwerk öffentlich und vor allem erfolgreich wird, muss der Schöpfer oft lange Jahre der Vorbereitung, der mühseligen (einkommensschwachen oder gar verlustträchtigen) Schaffensarbeit auf sich nehmen.
Arbeits- und Grundlagenmaterial muss vorfinanziert werden, auch die Infrastruktur der Arbeitsverhältnisse; Reisen und Recherchen müssen bezahlt werden, kurz: all die notwendigen Vorarbeiten müssen gedeckt werden, ehe - wenn überhaupt - ein Kunstwerk, ein literarisches Opus, ein musikalischer Geniestreich präsentiert und prämiert werden kann.
Erfolgsjahr kostet
50% Steuer
Das Jahr der öffentlichen Akzeptanz, des Erscheinens, der Uraufführung bringt dann endlich den langerhofften pekuniären Erfolg. Mit dem unschönen Nachteil einer Spitzenbesteuerung. Die mageren Vorjahre, gar Verlustjahre mit ihren "Entwicklungsausgaben" bleiben steuerlich weitgehend unberücksichtigt.
Seit Jahren weisen die Künstler- und Autorengremien auf die Ungerechtigkeit dieses System hin. Die von ihnen vorgeschlagene Verlustvortragsmöglichkeit oder Mehrjahresnivellierung fand bisher nicht die fiskalische Zustimmung. Die jetzt präsentierte Regierungsvorlage mit dem neuen "Sparpaket" der Regierung enthält (überraschender Weise) auch die schon lang diskutierte Problemlösung: den "Gewinn-Rücktrag".
Progressionsbremse
durch Drittelung
Selbständige Künstler und Schriftsteller sollen die Möglichkeit erhalten, im Jahr mit hohen (Erfolgs-)Einkünften diese zu dritteln, das heißt, den Gewinn des "hohen" Jahres auf dieses und die beiden "niedrigeren" Vorjahre zu verteilen.
An einem Beispiel: Ein Sachbuch-Autor hat durch Reisekosten, Recherchen, Interviews und andere hohe "Vorlaufkosten" in den ersten Jahren nur geringe Einkünfte (womöglich gar Verluste), die sich steuerlich kaum oder gar nicht ausgewirkt haben. Im Jahr 2000 erscheint sein Buch, wird ein Knüller und die Tantiemen fließen reichlich. Durch Verteilung der hohen 2000er-Einkünfte (die für sich allein zur Hälfte an den Fiskus abgingen) auf die Jahre 2000, 1999 und 1998 kann er die hohe Progression brechen und vormals entstandene Verluste sogar aufrechnen.
Der ab dem Jahr 2000 erstmals geltende "Gewinn-Rücktrag" ist nur auf Antrag möglich und den Antrag wird man natürlich nur dann stellen, wenn er sich nach einer Durchrechnung als zielführend erweist.
Und er muss gut überlegt werden, denn die Gnade der Rückverrechnung wird pro Antrag nur einmal gewährt und ist dann unwiderruflich, zumal dazu ja die Steuerverfahren der beiden Vorjahre vom Finanzamt wieder neu aufgerollt werden müssen.
Teilpauschalierung für
Berufsausgaben
Die Möglichkeit des "Gewinn-Rücktrags" ist übrigens nur eine der beiden Reformmaßnahmen, die Künstlern und Schriftstellern ab heuer zugute kommen sollen. Im Verordnungsweg soll diesen Selbstständigen auf freiwilliger Basis auch eine teilweise Ausgabenpauschalierung nach dem "Handelsvertreter-Modell" eingeräumt werden. Die Vertreter können bekanntlich seit heuer einen Teil ihrer Berufsausgaben (Reisediäten, Arbeitsraumkosten, Kundenbewirtung und Kleinspesen) durch ein limitiertes 12%-Pauschale (gerechnet von den Einnahmen) ersetzen, natürlich zusätzlich zu den sonstigen Ausgaben.
Der Vorteil dieser Pauschalierung liegt in dem völligen Verzicht auf Belege und sonstige Aufzeichnungen für diese Ausgaben. Das käme vielen Künstlern und Schriftstellern entgegen, denen das Belege sammeln und Zetterl aufheben häufig ein intellektuelles Gräuel ist. Die Verordnung soll noch vor dem Sommer dieses Jahres veröffentlicht werden.
Erweiterte
Zuzugsbegünstigung
Die dritte fiskalische Gunsterweisung richtet sich an die im Ausland lebenden Künstler mit Sehnsucht nach einem Wohnsitz in Österreich. Es gibt keine Statistik, um wie viele Personen es sich dabei handeln könnte, zumal angesichts der derzeitigen besonderen Verhältnisse. Aber die Finanz will damit ein offenbar dringendes Verlangen aus Kreisen der Interessenvertretungen erfüllen und sie erweitert dazu die sogenannte "Zuzugsbegünstigung", die bisher nur für Wissenschaftler und Forscher gilt, auch auf Künstler.
Die an sich in der Praxis wenig bedeutsame Begünstigungsvorschrift verheißt den betreffenden Freiberuflern, die in Österreich einen Wohnsitz begründen, eine in der Regel auf zehn Jahre befristete Steuerfreistellung oder Steuerherabsetzung für ihre ausländischen Einkünfte; diese Einkünfte wären normalerweise in Österreich progressiv zu versteuern.
Die offenbare Großzügigkeit des Fiskus lässt indes keinen Run ausländischer Intellektueller in die rotweißroten Gefilde erwarten, da die Zuzugsbegünstigung keinen Rechtsanspruch vermittelt und der Fiskus die Steuerung ihrer Zuerkennung fest in der Hand behält. Nach dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung muss sich der Finanzminister vorerst selbst eine Bescheinigung über das öffentliche Interesse am einreisewilligen Künstler ausstellen, ehe er - nach eigenem Ermessen - dann entscheidet, ob er den Neo-Österreicher mit seinem Wohlwollen erfreuen will oder lieber doch nicht.