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Estrada-Prozess nützt Arroyo

Von Frank Brandmaier

Politik

Manila - Vom strahlenden Volkshelden war nichts mehr übrig, als Ex-Präsident Joseph "Erap" Estrada gestern ins Polizeihauptquartier von Manila gebracht wurde. Seiner Nachfolgerin Gloria Macapagal Arroyo war offene Freude nicht anzumerken, doch hätte Estradas Verhaftung der Präsidentin, die sich den Kampf gegen Korruption auf die Fahnen geschrieben hat, nicht gelegener kommen können.


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Die philippinische Justiz macht Ernst, fast genau 100 Tage, nachdem Arroyo in einer fragwürdigen Mischung aus Volksaufstand und Militärputsch an die Staatsspitze katapultiert wurde. Als "Grab aller Bestechungsverfahren" war das Anti-Korruptionsgericht "Sandiganbayan" schon verspottet worden, unfähig, die allgegenwärtige Mauschelei zu unterbinden. Dass die Richter nun im prominentesten Fall gegen den Ex-Präsidenten Zähne zeigen, nennt Macapagal Arroyo "ein klares Signal".

Ein solches Signal hat die Präsidentin bitter nötig. Erst im vergangenen Monat stufte eine Ranking-Agentur die Philippinen nach wie vor als eines der korruptesten Länder Asiens ein. "Das tut weh", reagierte Arroyo postwendend. "Wir müssen diese Wahrnehmung unter allen Umständen ändern." Entnervt von zweieinhalb Jahren Estrada, der vor allem von den Armen gewählt worden war, hatten ausländische Investoren die Koffer gepackt, die Landeswährung Peso und der Aktienmarkt in Manila fielen auf ein Rekordtief, ebenso wie das internationale Vertrauen in die Inselrepublik. "In zwei Jahren unter einer schlechten Regierung haben wir über ein Jahrzehnt wirtschaftlicher Gewinne verpasst", kritisierte der Politikwissenschaftler Alex Magno.

Dass mit Arroyo alles anders wird, hoffen viele. Schon melden sich wieder Wirtschaftsdelegationen zu Besuchen an, unlängst auch eine Gruppe Unternehmer aus Deutschland. "Die Probleme werden angepackt und sachlich richtig angegangen, man ist voll motiviert, das Image des korrupten Inselstaats zu bekämpfen", bilanziert der Länderdirektor für die Philippinen bei der Asiatischen Entwicklungsbank, Günter Hecker.

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Arroyo steht im Wort: Noch bei ihrer Vereidigung schwor sie, zuerst der zerrütteten Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen. Der Peso hat sich inzwischen stabilisiert, der Aktienmarkt atmet durch. Von Estrada erbte sie allerdings ein Haushaltsdefizit von 135 Milliarden Pesos (2,97 Mrd. Euro/40,8 Mrd. S). Ihr ehrgeiziges Ziel: Ein ausgeglichenes Budget bis zum Jahr 2005. Da war es wohl eher symbolisch, dass Macapagal Arroyo als eine ihrer ersten Amtshandlungen die Versteigerung aller Luxusgüter anordnete, die unter ihrem Vorgänger auf Staatskosten angeschafft worden waren. Ganz billig wird der Häftling Estrada das Land aber auch nicht kommen: Angeblich ist schon seit Tagen eine spezielle Zelle für ihn vorbereitet - mit Klimaanlage, Fernseher, Kühlschrank, Empfangsraum für Besucher und einem großen Hof für Fitness-Übungen.