Der Verbund konnte beim seit 20 Jahren geplanten Lückenschluss des Höchstspannungsnetzes (380 kV) zwischen dem Südburgenland und dem steirischen Kainachtal einen Etappensieg erzielen. Die Behörden der Steiermark und des Burgenlands haben die so genannte Kainachtal-Leitung als umwelttauglich befunden und bei der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) positive Bescheide erlassen. Doch die Gemeindeinitiative läuft Sturm und will unverzüglich Einspruch erheben.
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Der Verbund erwartet Einsprüche gegen die beiden Bescheide und rechnet damit, dass das die Kainachtal-Leitung auch vom Umweltsenat behandelt wird. Die Einspruchsfrist endet am 6. Mai. Der Umweltsenat hat von da an sechs Monate Zeit zu entscheiden. Mit dem Bau der knapp 100 Kilometer langen und 130 Mio. Euro teuren Leitung könnte frühestens Ende dieses Jahres begonnen werden. Und unverzüglich nachdem der Verbund die für ihn frohe Botschaft öffentlich verkündet hat, meldeten sich schon die Hochspannungsgegner zu Wort.
"Wir können den Bescheid nicht akzeptieren", empörte sich gestern der Sprecher der Gemeindeinitiative, Josef Arnus. "Selbstverständlich werden wir in der Steiermark und im Burgenland berufen." Arnus zeigt sich enttäuscht, dass die Einwände der Anrainer nicht berücksichtigt wurden. Formalrechtlich ist er überzeugt, dass dem Projekt ein ähnliches Schicksal wie Spielberg bevorsteht.
Einwände der Initiative
Für den Initiativen-Sprecher gibt es genügend Gründe, warum der Umweltsenat den Bescheid allein wegen formaler Mängel kippen könnte: Unkorrekte Fristen, Befangenheit von Gutachtern und eine lückenhafte Darstellung. Inhaltlich zielt die Kritik gegen die "medizinische Beurteilung", wonach die Anrainer keine negativen Auswirkungen der Höchstspannungsleitung zu befürchten hätten. "Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen," warnt Arnus. Es sollen 340 Masten, im Abstand von 288 Meter aufgestellt werden. Dagegen wurden 1.500 Einzeleinwendungen und über 9.000 Unterstützungen von 18 Bürgerinitiativen eingebracht
Weniger aussichtsreich sieht die Einsprüche der Verhandlungsleiter der UVP, Michael Wiespeiner: Eine Parallele zu Spielberg sei nicht gegeben. Im Fall des gefloppten Mateschitz-Projekts seien wesentliche "Schutzgüter" wie Luft und Lärm nicht ausreichend behandelt worden. Probleme, die sich bei einer Stromleitung erst gar nicht stellten.
Schützenhilfe der Grünen
Politische Schützenhilfe bekommen die Gemeinden von den Grünen, auch sie erwägen einen Einspruch. Denn sowohl die steirischen, als auch die burgenländischen Grünen bleiben bei ihren Vorbehalten gegen die Stromautobahn. Sie vermuten, dass diese vielmehr dem Atomstromtransit als der steiermärkischen Stromversorgung dienen wird. Der Energiesprecher der steirischen Grünen, Peter Hagenauer, zeigt sich skeptisch gegenüber dem UVP-Bescheid. Der Termin knapp nach der Gemeinderatswahl und in der Karwoche ist für ihn "sicher kein Zufall und unnotwendig". Ernst werde es aber erst, wenn der Umweltsenat entschieden hat. Seit Jahren bemüht sich der Verbund, das Problemkind 380kV-Leitung in ein positives Licht zu rücken und via Medien auf die prekäre Situation hinzuweisen. So wird von den Experten der Verbund-Tochter APG (Austrian Power Grid) vor den Auswirkungen für den Großraum Steiermark gewarnt, sollte die Leitung nicht rechtzeitig in Angriff genommen werden. Von glühenden Drähten und Stromausfällen war oftmals die Rede.
Da kam der großflächige Ausfall am 11. März, der Graz samt Umgebung für eine Stunde ins Chaos stürzte, vielleicht gerade recht, um das Verfahren zu beschleunigen. Schuld am Black Out war jedenfalls ein Kabelschaden an einer 110 kV-Leitung.
Auch gestern betonten die APG-Vorstände Heinz Kaupa und Thomas Karall die Wichtigkeit der Leitung. Die Bescheide seien "ein bedeutsamer Schritt zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit und ein kräftiges Signal für die Wirtschaftsstandorte Steiermark und Burgenland".
Sollte der Umweltsenat die Leitung bis Oktober absegnen, haben Gemeinden und Bürgerinitiativen noch die Möglichkeit die Höchstgerichte anzurufen. Eine aufschiebende Wirkung für den Bau wäre damit aber nicht gegeben.
Salzburg-Leitung fehlt auch
Doch mit der Steiermark-Leitung ist der österreichische Hochspannungsring noch nicht vollendet. Für den gesamten Lückenschluss fehlt neben der Steiermark-Leitung das fast ebenso lange Teilstück zwischen St. Peter am Hart in Oberösterreich und Kaprun. Die UVP für den ersten Abschnitt der "Salzburg-Leitung" zwischen St. Peter und Elixhausen (Flachgau) soll laut Verbund im Frühling starten.