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Etappensieg für Sammelkläger

Von Kid Möchel

Wirtschaft

OLG Wien beurteilt Ansprüche aus der Prospekthaftung als „sammelklagenfähig”. | Anwalt der Immofinanz hält das Urteil für „rechtlich verfehlt”.


Wien. Im rechtlichen Schlagabtausch zwischen der Immofinanz-Gruppe und mutmaßlich geschädigten Anlegern hat das Oberlandesgericht Wien ein Machtwort gesprochen.

Die Oberrichter haben in dem Urteil mit der Aktenzahl 2 R 105/11t die Abweisung einer Sammelklage wegen Unzulässigkeit durch das Handelsgericht aufgehoben und die Fortsetzung des Verfahrens angeordnet.

„Das Neue an dieser Entscheidung ist, dass jetzt auch Sammelklagen wegen der Verletzung von Kapitalmarktvorschriften klar ermöglicht werden”, sagt Anlegeranwalt Wolfgang Haslinger von der Kanzlei Neumayer, Walter & Haslinger. „Nachdem die schadenersatzrechtliche Verjährung im Kapitalmarktgesetz zehn Jahre beträgt, können die Anleger ihre Ansprüche wegen unvollständiger und unrichtiger Angaben im Kapitalmarktprospekt, weiter geltend machen.”

Unrichtige Angaben?

Die zehn Investoren klagten „Anlegerschäden im Zusammenhang mit dem Erwerb junger Aktien der Immoeast AG im Rahmen der Kapitalerhöhung 2007” ein. Die Immofinanz ist nicht nur die Rechtsnachfolgerin der Immoeast, sondern beherrschte und managte auch die Schwester.

Laut Klage soll im Kapitalmarktprospekt der Eindruck erweckt worden sein, dass der Emissionserlös zur Gänze für Immobilienprojekte verwendet wird, tatsächlich soll es „bloß zu einer Konzerninnenfinanzierung gekommen sein”.

Die Anleger klagten auf Haftung wegen unrichtiger Prospektangaben nach dem Kapitalmarktgesetz sowie auf Vertragsrücktritt infolge eines wesentlichen Geschäftsirrtums. Sie wollen rund 720.000 Euro zurück.

Das Handelsgericht wies die Klage ab, da „die möglichen Ansprüche nicht einem im Wesentlichen gleichartigen Grund entstammten und Beratungs- und Aufklärungspflichten einzelfallbezogen zu beurteilen seien”. Dem widerspricht das OLG Wien heftig. „Es sind nicht die jeweiligen individuellen Verhältnisse maßgeblich, sondern der Umstand, dass sämtliche Kläger ihre Ansprüche aus demselben Prospektfehler ableiten, nämlich einer - daraus wahrheitswidrig hervorgehenden - Mittelverwendung für Immobilienprojekte anstatt für Finanzgeschäfte”, heißt es in dem Urteil des Oberlandesgerichts.

Immofinanz-Rechtsanwalt Andreas Zahradnik von der Wiener Kanzlei Dorda Brugger Jordis gibt sich nicht geschlagen: „Wir halten die Entscheidung für rechtlich verfehlt. Wir werden prüfen, ob wir Rechtsmittel einlegen werden.”

Da zur Zulässigkeit von Sammelklagen bereits Judikatur des Obersten Gerichtshofs vorliegt, wurde die ordentliche Revision nicht zugelassen.