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Ethik an Schulen bald Lehrfach?

Von Stefan Beig

Politik

Derzeit gib es den Ethikunterricht nur als Schulversuch. | Finanzierung fehlt. | Wien. "Ethikunterricht - das könnte ich mir vorstellen." Durch diesen saloppen Sager des früheren Wiener Stadtschulratspräsidenten Kurt Scholz (SPÖ) ermutigt, begann Michael Jahn, Direktor des Realgymnasiums Hegelgasse 12 in der Wiener City, den österreichweit ersten Ethikunterricht an seiner Schule in den 90er Jahren umzusetzen. Heute sieht er seinen Schulversuch als "Erfolgsmodell".


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Die Diskussionsveranstaltung "Ethikunterricht - mehr als ein Lehrfach?" in der Unibibliothek Wien nützte der Schuldirektor, um von seinen "sehr guten Erfahrungen" zu berichten: "Der Ethikunterricht fördert die Herzensbildung." Jahn sieht hier ein grundlegendes Anliegen: "Der Umgang mit anderen Menschen und eine Kommunikationskultur müssen mühsam erarbeitet werden." Durch die neue Konkurrenz des Ethikunterrichts angespornt, sei auch der Religionsunterricht besser geworden.

Vor allem drei Umständen trägt der Ethikunterricht laut Michael Jahn Rechnung: Er fördere die Auseinandersetzung mit anderen Religionen und Kulturen, die angesichts der verstärkten Zuwanderung nötig sei; er biete auch der zweitgrößten "Religionsgruppe" - den Schülern ohne religiöses Bekenntnis - eine sinnvolle Wertediskussion an; und er könne gerade in der Pubertät, die durch massive Sinnkrisen gekennzeichnet sei, Wissensdefiziten der Schüler entgegenwirken.

Zurzeit finanziert die Hegelgasse den Ethikunterricht aus dem Schulbudget. "Das ist untragbar", so Jahn. Andere Gegenstände wie Volleyball müssen unter dem neuen Fach leiden. Das würde sich ändern, wenn der Ethikunterricht in den Regelunterricht übergehen wird, wie es sich die Wiener ÖVP-Bildungsstadträtin Katharina Cortolezis-Schlager vorstellen kann. Demnach soll es künftig eine Fächergruppe aus Ethik und Religion geben.

Neuer Ethik-Lehrgang

Einen Ethik-Lehrgang für AHS-Lehrer, der zum Ethikunterricht in der Schule befähigt, bietet die Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien-Krems in Kooperation mit der Uni Wien. "Wir kämpften für diesen Lehrgang", berichtete Ulrike Greiner, Rektorin der Hochschule. Ziel sei es, eine eigenständige Wertbildung der Schüler zu fördern.

Bei allen Diskutanten fand der Ethikunterricht Anklang, vorausgesetzt, er wird als Alternative zum Religionsunterricht und nicht als dessen Ersatz angeboten. Gottfried Adam, Altdekan der evangelisch-theologischen Fakultät der Uni Wien, betonte, das Vermitteln von Werten sei für die Schulerziehung zentral. Der Ethikunterricht könne hier die Wahrnehmungsfähigkeit schulen.