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Ethik und Politik: Schulfach-Debatte zu Ferienbeginn

Von Bettina Figl

Politik
Trennen oder nicht trennen? Die Parteien streiten, Athene, Göttin der Weisheit, schweigt.
© corbis

"Politische Ethik": Schmied will Gesamtkonzept für Pflichtfach.


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Wien. Freiheit, Demokratie, Rechtsstaat: Geht es nach der ÖVP, sollen diese Themen stärker im Unterricht behandelt werden. Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz fordert das Pflichtfach "Staatskunde" für Schüler ab der 5. Schulstufe. Er will Schülern mit Migrationshintergrund "ein gewisses Österreich-Bewusstsein" vermitteln, so sein Sprecher.

Dazu sollen Schulbücher überarbeitet und ein eigenes Lehramtsstudium eingeführt werden. Bis es so weit ist, sollen Geschichtslehrer einspringen. Nach der Nationalratswahl im Herbst will er mit Unterrichtsministerin Claudia Schmied verhandeln. "Wir sind bereit, aber es muss ein Gesamtprojekt aus einem Guss werden", heißt es dazu aus dem Unterrichtsministerium. Auch der Ethikunterricht soll kommen, und zwar an die Politik gekoppelt: "Ethik ist politische Bildung im weiteren Sinn", sagt Schmieds Sprecher zur "Wiener Zeitung".

"Ethik und Politik trennen"

Für Harald Walser, Bildungssprecher der Grünen, sind politische Bildung und Ethik "komplett unterschiedlich und getrennt zu sehen". Die Grünen unterstützten deshalb die ÖVP-Forderung nach mehr politischen Inhalten an den Schulen - wiewohl sie die Bezeichnung "politische Bildung" der "Staatskunde" vorziehen. "Staatsbürgerkunde ist eine Terminologie aus dem 19. Jahrhundert", erklärt dazu auch Sigrid Steininger vom Referat Politische Bildung im Unterrichtsministerium. Im Unterrichtsministerium hat man dagegen Sorge um die Kosten, zusätzliche Pflichtgegenstände seien teuer, rasch befinde man sich hier in hohen zweistelligen Millionenbeträgen pro Jahr.

Derzeit wird politische Bildung nur an Berufsschulen als eigenes Fach geführt, sonst - als Begleitmaßnahme zum Beschluss von "Wählen ab 16" im Jahr 2008 -als Teil des Geschichtsunterrichts. "Ein Etikettenschwindel", sagt Walser, selbst Direktor und Geschichtslehrer an der AHS Feldkirch.

Dass die Grünen zusätzlich Ethik als Pflichtfach fordern, stößt bei der ÖVP auf Widerstand: "Religion, Ethik und politische Bildung - das ist ein bisschen zu viel", so Kurz’ Sprecher. Walser will nicht "zu viel des Guten"das Ziel sei eine Gesamtänderung des Schulsystems. Er schlägt vor, Fächer wie Chemie und Physik oder Geografie zusammenzulegen: "Schüler sollen vernetzt denken, aber wenn jede Stunde etwas anderes unterrichtet wird, erreichen wir das Gegenteil." Er wünscht sich, dass Schüler gemeinsam über Themen wie Abtreibung oder die Stellung der Frau in der Gesellschaft diskutieren - nicht nur jene, die sich von Religion abgemeldet haben.