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Eine neue Studie untersucht die Beliebtheit von Migrantenmedien bei ihren Zielgruppen. | Die Migranten-Medien werden von Communities teils intensiv genützt. | Der Konsum geht dabei nicht zulasten der heimischen Medien.
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Wien. Was die "Kronen Zeitung" für ganz Österreich ist, das ist die Zeitung "Vesti" bei der ex-jugoslawischen Community. Das 1992 gegründete Medium ist die meistgelesene Tageszeitung unter den Ex-Jugoslawen in Österreich. 68,2 Prozent der Über-50-Jährigen lesen sie, 31,8 Prozent nehmen sie sogar täglich zur Hand. Bei der jüngeren Generation fällt "Vesti" klar zurück, doch auch hier wird sie von 41,4 Prozent konsumiert.
Bei den Monatszeitschriften dominieren in derselben Community "Kosmo" und "Das Biber". Beide Medien sind deutlich jünger: "Kosmo" wurde Anfang 2009 vom Twist Zeitschriften Verlag ins Leben gerufen, "Biber" erscheint seit 2006. Jünger sind im Schnitt auch die Leser. Vor allem "Biber" punktet bei exjugoslawischen Lesern von 14 bis 29 Jahren: 55,6 Prozent geben an, das "transkulturelle Magazin für neue Österreicher" zu lesen, 46,5 Prozent sind es bei "Kosmo". Auch die über-50-jährigen Ex-Jugoslawen greifen gerne zu; 40,9 Prozent beim "Biber", 53 Prozent bei "Kosmo". Interessanterweise finden die zwei Medien bei ex-jugoslawischen Lesern von 30 bis 49 Jahren am wenigsten Anklang. "Nur" 28,9 Prozent lesen "Das Biber" und 33,7 Prozent "Kosmo".
Präsentiert wurden die Ergebnisse am Dienstag von dem Institut für qualitative Marktforschung (IFQM) und der Diversity-Marketingagentur Brainworker, die in den vergangenen Monaten diese erste umfassende Studie zum Thema durchgeführt haben. Nicht alle Daten sind der Öffentlichkeit zugänglich. So werden etwa die Ergebnisse für türkisch-sprachige Medien zurzeit nicht bekanntgegeben. Man konzentrierte sich nur auf Print-Produkte, die bei Ex-Jugoslawen dominieren.
635 Personen wurden für die Studie persönlich interviewt, die Hälfte davon waren Austro-Türken, die andere Hälfte kam aus Ex-Jugoslawien. Finanziert haben die Untersuchung Banken und Versicherungen - die Kunden von Brainworker und IFQM. "Einige Printtitel haben sich als integraler Bestandteil des Ethno-Medienmarktes positioniert", betont Christian Führer von IFQM. Diese Medien seien starke Partner der Werbebranche "bei der nachhaltigen Umsetzung des Ethnomarketing-Konzepts".
Einige präsentierte Ergebnisse betreffen auch türkei-stämmige Leser. "Biber" erscheint im Gegensatz zu "Kosmo" und "Vesti" auf Deutsch. Das Interesse ist hier freilich verhältnismäßig geringer. 20,1 Prozent der Unter-30-jährigen Austro-Türken lesen "Biber", von der Generation 50-plus wird das Magazin nie gelesen.
Austro-Türken haben ihre eigenen Medien
Auch die mehrsprachigen Monatszeitschriften "Bummedia" und "Ecomigra" sind bei Ex-Jugoslawen eine relevante Größe: 21,5 Prozent der jüngeren Generation lesen "Bum", 8,3 Prozent "ecomigra". Nur um die zwei Prozent der Austro-Türken greifen bei beiden Zeitschriften zu.
Christian Führer führt das auf die große Auswahl an türkisch-sprachigen Printprodukte in Österreich zurück. Ebenso betont Führer, dass der häufige Konsum von Ethno-Medien keineswegs zwingend zulasten der heimischen Medien geht. Bei "Vesti"-Lesern habe sich etwa gezeigt, dass österreichische Tageszeitungen von ihnen nicht seltener genützt werden. Gerade jüngere Ethno-Medien thematisieren primär die Lage ihrer Zielgruppe in Österreich. Dass die Medien der Migranten vom Geschehen in Österreich ablenken, wird nur vom türkischen TV berichtet.
Simon Inou, der Projektleiter von M-Media, einem Verein zur Förderung interkultureller Medienarbeit, betont, dass die fünf vorgelegten Medien sehr verschieden sind. "Biber und Kosmo richten sich beide an die Jugend. Sie sind dort sehr populär und machen auch sehr viel Marketing." Freilich könne man beide nicht eins zu eins vergleichen, da "Biber" deutschsprachig ist, während "Kosmo" auf Serbokroatisch erscheint. "Ecomigra" falle überhaupt aus dem Rahmen, da es ein Wirtschaftsmagazin ist "mit viel spezifischerem Inhalt. Berichte über gesellschaftliche Themen sind dort sehr selten."