Sie halten die Welt sauber: Reinigungskräfte verrichten eine Arbeit, ohne die das alltägliche Leben nicht funktionieren würde. Und trotzdem ist die Arbeitszufriedenheit in diesem Beruf so niedrig wie in keinem anderen. Das "Wiener Journal" versucht herauszufinden, warum das so ist.
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Sie sind zu dritt: Edeltraud Vallandt, Traude Wieser und Hülya Doganay. Außerdem kommt noch Martina Pichl zu dem Gespräch, die früher auch einmal in diesem Team gearbeitet hat und immer noch manchmal aushilft, wenn zum Beispiel eine der anderen krank wird. Zu dritt halten sie ein großes Gebäude in Pottenstein, einer Ortschaft im niederösterreichischen Industrieviertel sauber, das Kinderheim des Landes Niederösterreich, um genau zu sein. Etwa siebzig Kinder werden hier betreut, alles in allem arbeiten gut vierzig Erwachsene in dem Haus, vom Koch bis zur pädagogischen Leitung. "Viele Menschen, viel Schmutz", bringt Frau Doganay die Sache auf den Punkt. Und dabei lacht sie über das ganze Gesicht.
Natürlich wissen die Frauen die Arbeitsbedingungen in dem Heim zu schätzen. Es gehört der Landesregierung, sie sind formell angestellt und arbeitsrechtlich geschützt. Außerdem helfen in dem Heim regelmäßig ältere Kinder mit, wie zum Beispiel Jacqueline, die den Berufsvorbereitungskurs besucht und an diesem Tag Frau Vallandt durch das Haus begleitet. Nein, nein, keine der Frauen, denkt daran, sich zu beklagen, wie sie von allem Anfang an klarstellen, obwohl Frau Vallandt einräumt, dass "manche Leute diese Arbeit abwerten". Doch fügt sie sogleich hinzu: "Für mich war das nie ein Thema."
Edeltraud Vallandt hat in dem Team die längste Putzerfahrung. Sie putzt seit mehr als drei Jahren in dem Haus, hat 13 Jahre im Gastgewerbe und außerdem für verschiedene Firmen als Reinigungskraft gearbeitet. Sie hat die verschiedensten Erfahrungen gemacht, darunter auch gute, etwa in einem Büro der Telekom, in dem sich die Mitarbeiter eines Tages mit einem großen Blumenstrauß für die Sauberkeit in ihren Arbeitsräumen bedankten.
Die Arbeit im Kinderheim hat also ihre Vorzüge gegenüber anderen Stellen in der Reinigungsbranche. Das sagt auch Traude Wieser, die den Beruf der Konditorin gelernt hat. Da sie in dieser Branche zuletzt keine Stelle mehr gefunden hat, ist sie über die Arbeit im Kinderheim froh. "Natürlich fühle ich mich beim Putzen manchmal unterfordert", gibt sie zu. Doch bleibt die Zuckerbäckerei ihre Leidenschaft und manchmal veranstaltet sie sogar im Heim Workshops, in denen die Kinder lernen können, wie man Marzipanobst herstellt. Außerdem hatten ihr zuletzt die körperlichen Belastungen in der Zuckerbäckerei schon ziemlich zugesetzt, das Heben von schweren Backblechen oder das Rühren von großen Teigmengen, Tätigkeiten, die im Laufe der Jahre die Bandscheiben über Gebühr belastet haben.
Auch Hülya Doganay, in Ankara aufgewachsen, hat ursprünglich in einem anderen Beruf gearbeitet. Die gelernte Schneiderin hat zwar in Österreich in einer großen Firma eine Stelle bekommen, doch war daran die Bedingung geknüpft, dass sie einen Deutschkurs absolvieren musste. Was zunächst gut klingt, aber einen kleinen Haken hatte: Wäre sie bei der Abschlussprüfung für den Deutschkurs durchgefallen, hätte sie die Kurskosten erstatten müssen, und dieses Risiko erschien ihr und ihrem Mann dann doch zu groß. So war sie froh darüber, die Stelle im Kinderheim zu finden, so froh, dass sie schon mit 39 Grad Fieder zu Arbeit erschien und erst mit Nachdruck davon überzeugt werden musste, dass sie ihre Stelle nicht verliert, wenn sie sich krankmeldet.
ANERKENNUNG
Die tägliche Arbeit, die zwischen halb sieben und sieben beginnt, ist präzise aufgeteilt: Turnsaal, Treppenhaus, Seminarräume, die Räume, in denen die Kindergruppen untergebracht sind, die Büros in der Verwaltung - jede der drei Frauen hat ihr eigenes Revier, das sie Tag für Tag nach Plan bearbeitet, sodass im Laufe der Woche alles regelmäßig gereinigt wird. "Am Anfang ist es schon heftig", erzählt Traude Wieser, die erst vor kurzem eingestellt wurde, weil eine Kollegin wegen der Bandscheiben ausgefallen ist. "Am Anfang glaubt man, das ist kaum zu schaffen, aber wenn man einmal eingearbeitet ist, dann geht es", sagt sie. "Die Arbeit ist ja wirklich gut eingeteilt."
So holen sie jeden Tag im Keller ihre Putzwagen. Dort befindet sich auch die Mischanlage, an der die Putzmittel aus Kanistern zusammengemischt und in die Behälter am Wagen abgefüllt werden. Dort werden auch die Tücher gewaschen, die in vier Farben eingeteilt sind, rot für Sanitäranlagen, gelb für Badezimmer, grün für Küchen und blau für andere Zwecke.
Auf den kritischen Punkt bei der Arbeit als Reinigungskraft kommt schließlich Martina Pichl zu sprechen, die inzwischen in die Küche gewechselt hat. Beim Putzen, erzählt sie, habe sie sich oft gedacht, dass es ja nicht sie war, die den Schmutz verursacht hat, den sie da wegputzt. Dass es keinen Grund gäbe, zu ihr unfreundlich zu sein. Das, findet sie, ist das Schwierige: "Die Leute sind einfach nicht so freundlich, nicht so respektvoll."
Und sie vergleicht es mit der Arbeit in der Küche. Da bekommt sie Anerkennung, wenn das Essen einmal besonders gut schmeckt, und diese Anerkennung fehlt sehr oft beim Putzen, obwohl diese Arbeit nicht weniger wichtig ist.
Zu diesem Punkt kann die Sozialpädagogin Elisabeth Banovits eine Geschichte beisteuern. Sie erinnert sich an einen Tag, an dem im Haus ein pädagogisches Seminar stattfand und sie mit einigen der Mädchen vom Berufsvorbereitungskurs sauber gemacht hat. "Das waren alles Leute aus sozialen Berufen bei dem Seminar", erzählt Elisabeth Banovits. "Aber ob Sie es glauben oder nicht, nur weil ich im Arbeitskittel und mit Putzsachen gekommen bin, haben manche gar nicht reagiert, wenn ich gegrüßt habe. Wirklich! Sie haben mich einfach ignoriert. Ist das nicht unglaublich?"