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Die EU muss koordiniert gegen Covid-19 vorgehen. Die Corona-Ampel ist nur ein Anfang.
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"Bei Grün darfst Du geh’n, bei Rot bleib steh’n." Dieses Ampellied lernen die Jüngsten im Kindergarten. Doch in diesem verflixten Jahr 2020 haben das Gehendürfen bei Grün und das Stehenbleiben bei Rot eine neue Bedeutung. Denn um die Reisebeschränkungen in Europa besser zu koordinieren, haben die Europaminister nun eine EU- Corona-Ampel mit nachvollziehbaren Entscheidungsgrundlagen beschlossen.
Wie funktioniert nun die EU-Corona-Ampel? Diese Landkarte wird ständig von der Europäischen Gesundheitsagentur (ECDC) aktualisiert und berücksichtigt die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner der vergangenen 14 Tagen, die Rate der positiven Corona-Tests und die Testrate. Aus diesen drei Faktoren lässt sich das Infektionsgeschehen einigermaßen klar interpretieren.
Österreich hat sich bei der Abstimmung enthalten, denn die Ampel sei zu wenig differenziert, lautete die Kritik. Zugleich kam aus Wien ein Plädoyer für eine bessere Balance aus Gesundheitsschutz und Reisefreiheit. Es ist aber ein Fehler Österreichs, sich nicht klar für die EU-Corona-Ampel auszusprechen - trotz der berechtigten Kritik, dass sie zwar EU-weite Kriterien für die Analyse enthält, aber nicht für die Konsequenzen (Quarantäne- und Testpflichten) noch immer fehlen und die Empfehlungen zudem nicht bindend sind.
Aber dem kleinen Land im Herzen Europas, dessen Wirtschaft vor Corona rund 59,2 Milliarden Euro an Wertschöpfung aus dem Tourismus erzielte (15,3 Prozent des gesamten BIP), hat der Fleckerlteppich an Reisewarnungen enorm geschadet. Das Image ist ohnehin ramponiert: Just diese Woche ist Ischgl als "Superspreader"-Ort wieder europaweit in den Schlagzeilen. Österreich war zu Beginn der Krise mit dem fahrlässigen Krisenmanagement Tirols Teil des Problems und sollte nun eigentlich Teil der Lösung sein. Übrigens: Für Tirol macht der Wertschöpfungsanteil des Tourismus 23,9 Prozent der Gesamtwirtschaft aus.
Ein Blick nach Ostasien macht das Versagen Europas in der Corona-Krise deutlich: In Südkorea, Japan, China und Taiwan ist dank entschlossenem Handeln der Regierungen (von den vier genannten ist nur ein Land keine Demokratie) nun wieder ein annähernd normales Leben möglich - in der Oktober-Urlaubswoche waren rund 500 Millionen Chinesen auf Reisen, die Wirtschaft erholt sich viel rascher als in der EU. Denn dort gibt es noch immer keine einheitlichen Test- und Nachverfolgungsregeln, die Contact-Tracing-App ist gescheitert, die Gastro-Corona-Listen sind lachhaft. All das funktioniert nicht einmal in Österreich und schon gar nicht auf europäischer Ebene. Es gibt noch viel zu tun.