Luxemburg. Knalleffekt beim EU-Außenministertreffen: Entgegen der Erwartungen hochrangiger Diplomaten unterzeichnete die EU weniger als zwei Wochen vor den Parlamentswahlen am 11. Mai doch noch ein Annäherungsabkommen mit Serbien, um die pro- europäischen Kräften um Präsident Boris Tadic zu unterstützen.
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Nach einem letzten Verhandlungsanlauf mit den zuletzt noch skeptischen Niederländern griffen die derzeit der EU vorsitzenden Slowenen zu einem Kunstgriff. Der Vertrag wird zwar offiziell von den EU-Außenministern, Erweiterungskommissar Olli Rehn sowie dem serbischen Vize-Premier Bozidar Djelic unterzeichnet. Bevor die EU-Minister aber nicht noch einmal einstimmig festhalten, dass "volle Kooperation" mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag herrsche, könnten für Serbien keine Recht oder Pflichten aus den Unterschriften erwachsen, erklärte ein Diplomat.
Darauf habe der niederländische Ressortleiter Maxim Verhagen bestanden, der unter voller Kooperation bisher stets die Auslieferung des als Kriegsverbrecher gesuchten serbischen Ex-General Ratko Mladic verstanden hatte. Dennoch handle es sich um "ein großes Signal an Serbien und das serbische Volk, der EU beizutreten", sagte Sloweniens Außenminister Dimitrij Rupel, der noch Montagabend am Gelingen der Unterzeichnung gezweifelt hatte. Die gefundene Prozedur sei zwar kompliziert, meinte er, aber ein "Beginn des Weges in die EU".
Tadic und Djelic erklärten gar, bis Ende 2008 könne ihr Land Kandidatenstatus für den EU-Beitritt erlangen. Ob sich der Schritt allerdings wirklich als "unumkehrbar" erweisen wird, wie ihn Außenminister Vuk Jeremic nannte, wird sich wohl erst noch weisen. Serbiens Premier Vojislav Kostunica hat bereits angekündigt, das Abkommen unmittelbar nach der Wahl annullieren zu wollen, da dieses die Anerkennung der Abtrennung des Kosovo von Serbien impliziere. Das wird von Tadic und Rehn zurückgewiesen. Jeder, der das Abkommen als "etwas anderes als statusneutral bezeichnet, sagt nicht die Wahrheit", so Rehn. Er vertraue nun dem serbischen Volk, seine europäische Zukunft wahrzunehmen.
Keine Einigung gab es indes auf das seit eineinhalb Jahren blockierte Verhandlungsmandat für ein neues Grundsatzabkommen mit Russland. Nach dem Einlenken Polens hielt zuletzt noch Litauen seine Vorbehalte aufrecht.