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"Grundsätzlich ist ein Veto eines EU-Mitglieds gegen ein Beitrittsland möglich", erklärt Verfassungsrechtsexperte Heinz Mayer gegenüber der "Wiener Zeitung". Dies setze allerdings einen berechtigten Grund voraus - und ein solcher ist im Fall Temelín nicht gegeben: Laut Expertenmeinung stellt das tschechische Kernkraftwerk keine überdurchschnittlich hohe Bedrohung dar. Mayer: "Mit einer in Europa üblichen Gefahr eines AKW muss jeder leben."
Das im Volksbegehren vorgeschlagene Gesetz würde Verfassungsrang besitzen und somit eine Zweidrittel-Mehrheit im Nationalrat benötigen, die momentan nicht in Sicht ist. Sollte trotz alledem ein derartiges Gesetz verabschiedet werden, so stellt sich die Frage, ob Österreich gegen den Beitritt Tschechiens votieren könnte oder die Aufnahme aller Beitrittsländer beeinspruchen müsste. Dies hängt laut Mayer davon ab, ob die EU mit jedem der zwölf Bewerber Einzelverträge abschließen wird oder mit allen gemeinsam einen Gesamtvertrag.
Ein Veto würde Österreich in jedem Fall vor massive Probleme mit den 14 EU-Mitgliedern stellen. Mayer: "Die EU-Staaten haben der Osterweiterung bereits zugestimmt, und das ist bindend." Ein Einspruch würde Österreich den Vorwurf des Vertragsbruchs einbringen. Die Konsequenzen könnten für Österreich bitter sein. Mayer: "Das kann bis zum Ausschluss aus der EU gehen."