Zum Hauptinhalt springen

EU-Außenpolitik erstes Opfer der Irak-Krise

Europaarchiv

Straßburg - EU-Außenkommissar Chris Patten hat sich in einer Stellungnahme vor dem EU-Parlament klar dafür ausgesprochen, dass ein Krieg gegen den Irak nur mit ausdrück- | licher Genehmigung durch den UN-Sicherheitsrat erfolgen dürfe. Die UNO sei die einzige Quelle der Legitimität. Mit scharfen Worten kritisierte er die Vorgehensweise der USA, aber auch die von Zwist geprägte Außenpolitik der Europäer.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Es sei im Interesse der ganzen Welt, Macht unter Einhaltung der Spielregeln und mit internationaler Zustimmung einzusetzen, sagte der Brite am Mittwoch vor dem Europa-Parlament in Straßburg.

Patten erinnerte in ungewöhnlich scharfen Worten daran, dass die USA bereits mehrere wichtige internationale Verträge, wie Atomteststopp-Vertrag nicht ratifiziert bzw. wie im Fall des ABM-Abrüstungsvertrages leichtfertig gekündigt haben. Damit sende Washington ein "gefährliches Signal" aus, weil es zeige, welchen Wert es internationalen Verpflichtungen beimesse.

Ein Angriff im Irak habe auch weitreichende Konsequenzen sowohl im Kampf gegen den Terrorismus als auch im Nahen Osten: Wenn eine Invasion im Irak erfolge und gleichzeitig die Friedenschance im Nahen Osten verpasst werde, würden genau die Bedingungen für das Gedeihen des Terrorimus geschaffen.

Breiten Raum räumte der konservative Politiker dem Versagen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU ein. "Ich bin äußerst besorgt über die möglichen Kollateralschäden der jüngsten Ereignisse und eines Krieges, falls es dazu kommt", betonte Patten. Dabei gehe es nicht nur um die destabilisierenden Folgen eines Militärschlages für die unmittelbaren Nachbarn des Irak, sondern auch um den potenziellen Schaden für die Autorität der UNO und der NATO sowie für die transatlantischen Beziehungen.

Als erstes Opfer der Irak-Krise sieht Patten die GASP. Die Mitgliedstaaten beider Lager hätten starre nationale Positionen eingenommen, als ob sie für die EU als Ganze sprechen könnten. Die EU dürfe sich aber durch diesen Rückschlag und die "traurige Figur", die sie in den letzten Wochen gemacht habe, nicht entmutigen lassen, sondern müsse ihre Anstrengungen zum Aufbau einer echten gemeinsamen Außenpolitik verstärken. Patten sprach auch die Befürchtung aus, dass der Erweiterungsprozess durch die Spaltung in Kriegsgegner und -befürworter auch die Erweiterung gefährden könnte.

Appelle zur Geschlossenheit und Kritik an Großbritannien und Spanien kamen im Europaparlament vom EU-Ratsvorsitzenden Giorgos Papandreou, aber auch von den Vertretern der Fraktionen. (red)