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EU-Battlegroups in Libyen - es geht um Prestige und Risikominimierung

Von Walter Hämmerle

Analysen

Die reißerische Schlagzeile "Österreicher vor Einsatz in Libyen" ist ihrer Zeit voraus. Vorerst geht es nur um die Entsendung von zwei (und maximal von zehn) Stabsoffizieren - und nicht nach Nordafrika, sondern nach Rom, wo die "Eufor Libya" ihr Hauptquartier hat. Hier geht es darum, einen möglichen humanitären Einsatz von EU-Battlegroups planerisch vorzubereiten. Ob der Einsatz tatsächlich erfolgt, ist aus heutiger Sicht noch mehr als ungewiss.


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Im Fall des Falles wäre Österreich zweifellos ein wahrscheinlicher Kandidat. Gemeinsam mit anderen europäischen Staaten stellt das Bundesheer mit 180 Soldaten im ersten Halbjahr 2011 eine EU-Battlegroup. Und Österreich beteiligt sich nicht am von der Nato geführten Militäreinsatz zur Unterstützung der Rebellen. UNO und EU wollen die beiden Missionen strikt voneinander trennen.

Dass Österreichs Turnus zur Bereitsstellung von Soldaten für die EU-Battlegroups Ende Juni endet, wäre kein Hindernis: Entscheidend ist der Zeitpunkt der Truppenanforderung - erfolgt dieser vor Ende Juni, endet der Einsatz erst nach Ablaufen des Mandats; dieses ist von der EU vorerst auf vier Monate angesetzt.

Politisch steht für die Europäische Union viel, enorm viel sogar, auf dem Spiel. Libyen wäre der allererste Einsatz der von der EU als schnelle militärische Eingreiftruppen konzipierten Battlegroups. Ein Misserfolg wäre zweifellos ein schwerer Rückschlag für die ohnehin holprige Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der 27 Mitgliedsstaaten.

Nicht zuletzt deshalb kann davon ausgegangen werden, dass die EU das Risiko eines Misserfolgs so gering wie möglich halten will. Einsätze der Battlegroups in den umkämpften Regionen Libyens sind deshalb so gut wie ausgeschlossen; es soll vor allem um technische Hilfsleistungen, etwa das Ausfliegen von Flüchtlingen in ihre Heimatländer, gehen; Waffengebrauch ist allenfalls zur Selbstverteidigung vorgesehen.

Kurz gesagt: Die EU will - sich selbst und ihren Kritikern - militärische Einsatzfähigkeit demonstrieren und gleichzeitig tunlichst verhindern, diese auch unter Feuer unter Beweis stellen zu müssen.

Learning by doing ist tatsächlich für ein so kompliziertes Gebilde wie die EU kein schlechter Ansatz. Denn noch sind ihre Strukturen nicht für schnelle Entscheidungen geeignet. Die tägliche strategische Leitung und politische Kontrolle eines Einsatzes würde etwa ein Gremium von 27 nationalen Botschaftern übernehmen, die im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee der EU zusammengefasst sind.

Und noch etwas verdeckt der aktuelle Aktionismus in Sachen Battlegroups: dass wieder ein militärischer Einsatz ohne klare politische Ziele beschlossen wird. Immerhin sollte seit Clausewitz zum Allgemeinwissen gehören, dass Krieg die Fortsetzung von Politik mit anderen Mitteln ist - kein Ersatz dafür.