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EU-Beamte drohen mit Streik

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Gewerkschafter warnen vor Schwächung der Kommission.


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Brüssel. Auf die Bediensteten der EU-Institutionen kommen härtere Zeiten zu. Denn unter dem Druck der Mitgliedstaaten will EU-Verwaltungskommissar Maros Sefcovic bis 2020 mindestens eine Milliarde Euro auf Kosten der EU-Belegschaft einsparen. Längere Arbeitszeiten, weniger Personal und kürzerer Urlaub - so lauten die Eckpunkte des Programms. Die Gewerkschaften der EU-Beamten sind längst alarmiert und haben sich zur "Gemeinsamen Front" zusammengeschlossen. Sie drohen, die Institutionen per Streik lahmzulegen.

Die Sozialpartnerverhandlungen mit Sefcovic wurden diese Woche ohne Einigung abgebrochen. Heute, Donnerstag, beschließt die EU-Kommission ihren vorläufigen Standpunkt zu den Reformen. Zustimmen müssen am Ende die Mehrheit der EU-Länder sowie das EU-Parlament. Eine Gruppe von 17 Mitgliedern (darunter Österreich) hat für die Beamten noch weniger Verständnis als Sefcovic und fordert wesentlich striktere Einsparungen.

Neu verhandelt werden muss das EU-Personalstatut, weil die derzeitige Regelung Ende 2012 ausläuft. Die bisher gängigen automatischen Gehaltserhöhungen für EU-Bedienstete gerieten vor zwei Jahren in den Fokus der Öffentlichkeit, als die Kommission die Bezüge am damaligen ersten Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise um 3,7 Prozent aufstocken wollte - und damit Recht behielt. Bei der Berechnung war nämlich laut Personalstatut jene Formel korrekt angewendet worden, die die Gehaltsentwicklung der Beamten in acht repräsentativen EU-Ländern nachvollzieht und um einen eigenen EU-Inflationsfaktor auffettet.

Höheres Pensionsalter

Künftig sollen die EU-Beamten 40 statt 37,5 Stunden in der Woche ohne Gehaltsausgleich arbeiten, das Pensionsalter soll von 63 auf 65 Jahre angehoben werden. Für die Heimreise sind nur noch maximal drei statt bisher sechs Sonderurlaubstage geplant. Der gesamte Personalstand soll bis 2018 um fünf Prozent gesenkt werden. Die 17 Mitglieder, die für noch vehementere Einsparungen eintreten, fordern zudem Senkungen bei den Pensionen, Kürzungen bei Zulagen für jene EU-Beamten, die nicht aus Belgien kommen (rund 80 Prozent), sowie die Möglichkeit, in Krisenzeiten Gehaltserhöhungen auszusetzen.

"Es ist offensichtlich, dass diese Vorschläge die Kommission schwächen werden, weil Spitzenleute immer weniger daran interessiert sind, bei den EU-Institutionen zu arbeiten", warnt Wolfgang Entmayr, Vorstandsmitglied der EU-Beamtengewerkschaft Conf-SFE. "Für große EU-Staaten ist das nicht so ein Problem, weil sie ihren Willen ohnehin durchsetzen können. Aber weil die Kommission auch als Anwalt der kleineren Mitgliedsländer agiert, ist es für Österreich keineswegs vorteilhaft, sie zu schwächen, schon gar nicht in der gegenwärtigen Krise."

Der Sprecher von Kommissar Sefcovic verweist darauf, dass seit dem ersten Vorschlag im Juni bereits einige Sparmaßnahmen abgeschwächt wurden. Allerdings sei der Spielraum des Kommissars eingeschränkt: "Wir müssen das Kernziel erreichen und bis 2020 mindestens eine Milliarde Euro einsparen." Die Streik-Ankündigung der "Gemeinsamen Front" heiße im Übrigen nicht, dass wirklich gestreikt werde. Erst wenn die Arbeit tatsächlich niedergelegt werde, könne die Zahl der Unzufriedenen wirklich festgestellt werden - die Teilnehmer erhielten für die Dauer des Streiks kein Gehalt.

Derzeit hat die EU rund 55.000 Bedienstete. Beamte mit Universitätsabschluss haben aktuell ein Einstiegsgehalt von knapp 4350 Euro zwölf Mal im Jahr. Einsteiger ohne Hochschuldiplom erhalten knapp 3400 Euro. Wegen der Zulagen und der relativ niedrigen Besteuerung gilt dies praktisch brutto für netto. Ein langgedienter Generaldirektor an der Spitze der Gehaltspyramide bekommt knapp 18.400 Euro brutto.