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Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen drängt. Die Verhandlungen um eine Wiedervereinigung Zyperns sollen rasch wieder aufgenommen werden. Auch Ankara scheint den Prozess nun beschleunigen zu wollen: Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat dem türkisch-zypriotischen Präsidenten und Verhandlungsführer Rauf Denktash zu einer Haltungsänderung geraten. Bisher hat Denktash aber den von UN-Generalsekretär Kofi Annan vorgelegten Friedensplan abgelehnt.
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Die Signale aus Ankara hört die Opposition in Nordzypern gern. Nun hat sich auch der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan für neue Zypern-Verhandlungen auf Basis der Annan-Plans ausgesprochen. Es sei ein Fehler, den Plan kompromisslos zurückzuweisen, ließ er Rauf Denktash ausrichten. Der türkisch-zypriotische Verhandlungsführer und Präsident der - nur von der Türkei anerkannten - Türkischen Republik Nordzypern hatte bisher an einer "Zwei-Staaten-Lösung" festgehalten.
Bei den Parlamentswahlen in der Vorwoche haben die Denktash-treuen Regierungsparteien zwar Verluste hinnehmen müssen, während die oppositionelle CTP (Republikanisch-Türkische Partei) die meisten Wählerstimmen erhielt. Doch im Parlament kommt es zu einer Pattstellung: Genau die Hälfte der 50 Mandate geht an die Opposition, die mit dem Ziel angetreten ist, den neuen Ministerpräsidenten zu stellen und Denktash als Verhandler abzulösen. Nun kann Denktash zunächst mit allen Parteien Gespräche über eine Regierungsbildung führen.
Zypern als Faustpfand
Dass nun auch Ankara auf eine Haltungsänderung des nordzypriotischen Präsidenten drängt, kann CTP-Vorsitzendem Mehmet Ali Talat nur recht sein. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass die türkische Regierung in der "Zypern-Frage" gespalten ist. Denktash hätte noch immer großen Einfluss, vor allem unter den Militärs. Und die Türkei könnte sich Zypern als Faustpfand für ihre eigenen Gespräche um eine Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU aufheben - auch wenn die Europäische Union diese Fragen offiziell nicht verknüpfen möchte.
"Das Problem ist auch die griechisch zypriotische Regierung", betont Oppositionsführer Talat. "Papadopoulos macht keine klaren Aussagen: Einmal akzeptiert er den Annan-Plan, ein andermal sagt er das Gegenteil." Doch auch Tassos Papadopoulos, Präsident der Republik Zypern, hat vor wenigen Tagen Kofi Annan zur unverzüglichen Wiedereinberufung der griechisch-türkischen Volksgruppen-Verhandlungen aufgerufen. Es gebe allerdings ein paar Änderungswünsche zum Anan-Plan, heißt es auf der griechischen Seite - und auf der türkischen auch. So könnte etwa die von griechischen ZypriotInnen verlangte Ausweisung vieler Siedler-Innen aus Anatolien zum nächsten Streitpunkt werden.
Annan will Klarheit
Für eine rasche Wiederaufnahme der Gespräche tritt ebenso der UN-Sicherheitsrat ein. Das Ergebnis der Parlamentswahl hätte gezeigt, dass die meisten türkischen ZypriotInnen der EU in einem vereinten Staat beitreten wollen. Doch Kofi Annan möchte vorerst Klarheit: Er werde nicht den nächsten Verhandlungsversuch starten ohne vorher die Gewissheit zu erlangen, dass auf beiden Seiten der politische Wille vorhanden ist, tatsächlich zu einem positiven Ergebnis zu gelangen, erklärte ein Sprecher des UN-Generalsekretärs.
Die Zeit wird knapp, sollte Zypern am 1. Mai 2004 als geeinte Insel - laut Annan-Plan als ein Bundesstaat mit zwei gleichberechtigten Gebietseinheiten - der Europäischen Union beitreten wollen. Gelingt es den türkischen ZypriotInnen nicht, eine Regierung zu bilden, hat Denktash Neuwahlen in zwei Monaten angekündigt. Die Türkei wiederum hat einen Teilabzug der rund 30.000 auf Nordzypern stationierten Soldaten in Aussicht gestellt - aber erst nach der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU.