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Die Uneinigkeit der Parteien in Bezug auf das Atomkraftwerk Temelín kam auch bei der gestrigen Plenarsitzung des Nationalrats zu Tage. Wie angekündigt, verweigerte die SPÖ der von den Regierungsparteien aber auch den Grünen getragenen Entschließung ihre Zustimmung.
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Warnungen gegenüber Tschechien waren diesmal nicht nur Sache der FPÖ. Es gebe zwei Hindernisse für einen EU-Beitritt des Landes, wollte ÖVP-Klubobmann Andreas Khol klargestellt wissen: Temelín und Benes-Dekrete. Ähnlich deutlich legte es FPÖ-Generalsekretär Karl Schweitzer dar: "Wenn Tschechien EU-Mitglied werden will, hat Tschechien entsprechende Voraussetzungen zu erfüllen."
Die EU-Erweiterung möchte die FPÖ nicht verhindern, versicherte dennoch Verteidigungsminister Herbert Scheibner. Allerdings gehe es um die Sicherheit der ÖsterreicherInnen. Und diese könne nur eine "Null-Variante" - das vollständige Abschalten Temelíns - garantieren.
"Die Linie der Bundesregierung in der Frage der Atomenergie ist klar", betonte Landwirtschafts- und Umweltminister Wilhelm Molterer. Er verwies auf die "Drei-Stufen-Strategie", die auch im Entschließungsantrag bekräftigt wurde: Schließung von nicht nachrüstbaren Kernkraftwerken, Schaffung einheitlicher Sicherheitsstandards für noch in Betrieb befindliche Kraftwerke sowie europaweiter Ausstieg aus der Atomkraft. Österreich sei zum Dialog bereit, meinte Molterer - und forderte diesen Willen auch von Tschechien ein.
Eine Frage stellte dem SPÖ-Klubobmann Josef Cap entgegen: Was sei mit dem Anti-Temelin-Volksbegehren geschehen? Die Regierung habe das Volksbegehren nicht als Arbeitsauftrag verstanden, führte er aus. Den Temelín-Ausschuss als "Feigenblatt für die Untätigkeit der Regierung zu missbrauchen", sei die SPÖ nicht bereit. Ebenso wenig wollte sie auf ihre Forderungen verzichten: Vorlage eines Verhandlungsplanes, Regierungsinitiative für eine EU-Atomausstiegskonferenz sowie Verzicht auf die "Veto-Keule" während der Verhandlungen. Dem Entschließungsantrag stimmte sie daher nicht zu - und brachte einen eigenen ein.
Anders verhielten sich die Grünen, die in dem Drei-Parteienantrag ihre Handschrift orteten. Erstmals seien finanzielle Ausstiegshilfen festgeschrieben, ebenso wie ein klares Bekenntnis dazu, in Zukunft EU-Kredite für neue Reaktoren zu verhindern, betonte Eva Glawischnig. Nun müsse der Antrag von der Regierung ernst genommen werden. Denn im Herbst werde Bilanz gezogen.
Erleichterung für VwGH
Bei einer Reihe von Beschlüssen waren ÖVP und FPÖ am Vortag mit ihrer Zustimmung aber allein. So wurde die Anhebung der Obergrenze für Anonymverfügungen beschlossen, ebenso die Aussetzung der Personalvertretungswahlen im Öffentlichen Dienst bis 2003. Eine Erleichterung gibt es für den Verwaltungsgerichtshof: Er kann künftig Massenverfahren abwehren.