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EU bereitet sich auf neue Bankenrettung vor

Von Reinhard Göweil aus Brüssel

Wirtschaft

Bisherige Beihilfen liegen bei 1240 Milliarden Euro.


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Brüssel. Praktisch jeder Europäer hat ein Bankkonto, daher kann es niemanden kalt lassen, was in den Instituten so alles passiert. Das Beispiel Dexia zeigt nun, dass es in vielen Bankbilanzen offenkundig Risiken gibt, die nur noch schwer beherrschbar sind. "Banken kaufen mit ihrer Liquidität Staatsanleihen, weil die bisher risikolose Investments darstellten. Das ist eine Basis des gesamten Banken-Geschäftsmodells. Dass Staatspapiere nun ein Risiko beinhalten, kommt eigentlich nicht vor. Und daher können viele damit auch nicht umgehen", sagte der frühere Investmentbanker und jetzige Berater Willi Hemetsberger jüngst zur "Wiener Zeitung".

Die Abwertung von solchen Papieren - wie wohl im Fall griechischer Anleihen - sowie drohende Kreditausfälle wegen der abstürzenden Konjunktur bedrohen die Kapitalbasis vieler Banken. Die neu geschaffene Europäische Bankenaufsicht (EBA) beziffert den Kapitalbedarf der europäischen Banken inoffiziell mit 200 Milliarden Euro.

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sagte am Donnerstag: "Ich schlage eine koordinierte Aktion der Mitgliedstaaten vor, um die Banken zu rekapitalisieren." Das findet nicht überall Zustimmung, viele Ökonomen meinen, in die Banken sei genug Geld geflossen. Tatsächlich haben die EU-Länder zwischen Ende 2008 und Ende 2010 nach einer Studie der EU-Kommission 1240 Milliarden Euro an Beihilfen in die Banken gesteckt.

303 Milliarden Euro entfallen auf Kapitalzuschüsse. 757 Milliarden Euro stecken in der unsichtbaren Form von Garantien in den Banken. Währungskommissar Olli Rehn: "Es gibt zwei Möglichkeiten, Banken Kapital zuzuführen: über den Kapitalmarkt oder über Verstaatlichungen." Ersteres ist derzeit wegen der schwachen Börsenkurse kaum möglich.

Die EU-Kommission hat daher das Beihilfen-Regime für Banken bis Ende 2012 verlängert. Jeder Kapitalzuschuss muss als Beihilfe von Brüssel auf seine Wettbewerbsauswirkungen geprüft werden. Nun sind offenbar neue Regeln "in der Pipeline" - wegen der Bankenkrise.

Brüssel prüft Volksbank

In Brüssel geprüft wird derzeit das Geschäftsmodell der Volksbanken AG - von deren Ausgang hängt ab, wie es weitergeht. Auch eine mögliche Verlängerung des Staatskapitals bei Raiffeisen steht im Raum. Sollte dies angesucht werden, müsste die Verlängerung genehmigt werden.

"Lasst uns hoffen, dass sich die Märkte beruhigen", sagte der zuständige Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia. Eine Hoffnung, die sein Kollege Rehn nicht so offen vor sich herträgt. Wie berichtet, soll der Euro-Rettungsschirm EFSF auch zur Banken-Rettung herangezogen werden. Da der Fonds aber von öffentlichem Geld gespeist wird, würde ein solches Engagement auch eine Beihilfe-Prüfung der Kommission auslösen.

Der deutsche EU-Abgeordnete Wolf Klinz vom Wirtschafts- und Währungsausschuss: "Der EFSF muss die Banken rekapitalisieren und wird dafür stark in Anspruch genommen werden. Allein in Spanien ist die Rede von 50 Milliarden Euro."

"Stehen heute schlechter da"

Auch der Internationale Währungsfonds überlegt, spanische und italienische Anleihen zu kaufen - um den Rettungsschirm zu entlasten.

"Wir stehen heute schlechter da als 2008, weil die Staaten kein Geld mehr haben", sagte ein Kommissionsbeamter skeptisch. Reißen alle Stricke, muss am Ende die Europäische Zentralbank her. Für beschränkte Zeit wäre denkbar, dass sie ohne Limit Papiere vom Markt kauft.

"Lender of last resort" nennt man das. Im Währungsausschuss des Europäischen Parlaments wurde das immerhin mit EZB-Chef Jean-Claude Trichet besprochen.