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Gutachten: Gewerkschaft darf Tariflöhne erzwingen. | Brüssel/Luxemburg. Der Streit vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gilt als richtungsweisend. Ob Gewerkschaften mit Maßnahmen des Arbeitskampfs dem Binnenmarkt für Dienstleistungen aufgrund nationaler Arbeitsrechtsbestimmungen Grenzen setzen dürfen, ist die Frage. Grundsätzlich dürfen sie, schreibt EuGH-Generalanwalt Paolo Mengozzi in seinem Rechtsgutachten. Voraussetzung ist, dass sie damit "Ziele des Allgemeininteresses wie den Schutz der Arbeitnehmer und den Kampf gegen Sozialdumping" verfolgen.
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Ursprung des Verfahrens ist ein drei Jahre zurück liegendes Kräftemessen zwischen Schwedens Bauarbeitergewerkschaft und der lettischen Firma Laval, die ihre Arbeiter aus Lettland nicht gemäß den schwedischen Mindestlöhnen bezahlen wollte. Daraufhin bestreikten die Gewerkschafter die Baustellen von Laval. Die mit den Arbeiten betraute Tochterfirma Baltic Bygg musste Konkurs anmelden. Laval klagte beim zuständigen schwedischen Gericht, dass die Dienstleistungsfreiheit laut EG-Vertrag verletzt worden sei. Die EU-Entsenderichtlinie sieht für entsandte Arbeitnehmer aber das Arbeitsrecht des Ziellandes vor. Dass Schweden die Festlegung der Löhne den Sozialpartnern überlässt, stehe dem nicht entgegen, schreibt Mengozzi in seinem Gutachten. Darüber hinaus sei es legitim, dass die Gewerkschaften einen Dienstleister aus einem anderen EU-Land versuchten zu zwingen, die de facto für die inländischen Unternehmen gültigen Mindestlöhne zu zahlen.
Ein Sprecher von Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy wies darauf hin, dass Mengozzis Gutachten schließlich noch kein Urteil sei. In vier von fünf Fällen folgen die Luxemburger Richter allerdings der Analyse des Generalanwalts.