Europäische Kommission verteidigt geplante Erhöhung der Ausgaben.
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Brüssel. Janusz Lewandowski befand sich gleich einmal in der Defensive. Als der EU-Budgetkommissar seinen Entwurf für den Haushalt der Union im kommenden Jahr präsentierte, verteidigte er schon zu Beginn die geplante Steigerung der Ausgaben. Die, erklärte er, ergebe sich aus den Verpflichtungen, die die Mitgliedstaaten selbst vor einigen Jahren vereinbart haben, als sie den siebenjährigen Finanzrahmen fixierten.
Im letzten Jahr dieser Periode, 2013, werden verstärkt Zahlungen für in der Zwischenzeit fertiggestellte Projekte fällig. So schlägt die Kommission vor, die Ausgaben auf 137,9 Milliarden Euro zu erhöhen, was ein Plus von 6,8 Prozent gegenüber heuer bedeutet. Die Verpflichtungen - also jenes Mandat, das die Kommission erhalten hat, um Finanzierungszusagen zu machen - steigen aber nur um zwei Prozent, was die geringste Rate in den sechs Jahren seit 2008 ist. Sie sollen 150,9 Milliarden Euro ausmachen.
Ein großer Teil des Geldes solle in Wachstumsprogramme fließen, sagte Lewandowski. So sind 49 Milliarden Euro für die so genannte Kohäsion vorgesehen, in deren Rahmen etwa Infrastruktur- oder Umweltprojekte gefördert werden. Und vor allem in den neuen Mitgliedstaaten trage der Ausbau der Infrastruktur noch immer am meisten zur Schaffung neuer Jobs bei, meinte Lewandowski.
Den zweitgrößten Posten macht die Agrarwirtschaft aus, an direkten Förderungen fließen dorthin 44 Milliarden Euro.
Die administrativen Kosten machen nicht einmal sechs Prozent des Budgets aus, betont die Kommission. Auch werde sich der Personalstand der Behörde im kommenden Jahr um ein Prozent verringern. Teilweise sind im Haushaltsentwurf auch schon Budgetposten für Beamte aus Kroatien berücksichtigt, das im kommenden Jahr der Union beitreten soll.
Unmut in Paris und Berlin
Die Kritik einiger Nettozahler-Länder, dass sich die Union größere Ausgaben erlauben will, während sich die Staaten strikte Sparprogramme auferlegen müssen, bezeichnete Lewandowski als eine "schizophrene Situation". Denn jene, die nun Vorwürfe an die Kommission richten, hätten sich doch selbst bereits zuvor auf den Haushalt geeinigt. Außerdem wäre den Ländern keineswegs damit geholfen, wenn die Brüsseler Behörde die Rechnungen der Staaten nicht begleichen würde, meinte der Kommissar. Vielmehr würden die finanziellen Nöte noch vertieft. Und 95 Prozent der Mittel aus dem Budget würden ohnehin in die Länder zurückfließen, nur fünf Prozent blieben in Brüssel.
Nichtsdestotrotz kamen schon die ersten Unmutsbekundungen aus den Hauptstädten. Die Sprecherin der französischen Regierung bezeichnete die geplante Anhebung als "inakzeptabel". Immerhin habe sich Präsident Nicolas Sarkozy zur Stabilität des Unionsbudgets verpflichtet. Sarkozy, der derzeit um seine Wiederwahl kämpft, will die Forderung nach einem Einfrieren des Beitrags seines Landes erheben. Ähnliche Wünsche hatten zuvor ebenfalls Berlin und London geäußert.
So scheint es unwahrscheinlich, dass die Staats- und Regierungschefs bereits bei ihrem nächsten Gipfeltreffen im Juni eine gemeinsame Position vereinbaren. Und dann muss auch noch das EU-Parlament eingebunden werden. Spätestens bis Ende des Jahres sollte es aber eine Einigung geben.