Sechs Mitgliedsstaaten droht ein EU-Verfahren. | Spitzenreiter ist Irland mit mehr als elf Prozent Minus. | Brüssel. Sechs Mitgliedsstaaten drohen im Sog der Finanz- und Wirtschaftskrise die ersten neuen EU-Verfahren wegen exzessiven Haushaltsdefiziten, vier davon kommen aus der Eurozone. Betroffen sind jene Länder, die für 2008 und 2009 ein Defizit deutlich über der von Euro-Stabilitätspakt vorgeschriebenen Drei-Prozent-Grenze nach Brüssel gemeldet haben. Das sind bisher Irland mit geschätzten Minus elf Prozent für heuer, Spanien mit 6,2, Frankreich mit 5,4 und Griechenland mit 3,7. Außerhalb der Eurozone sind Rumänien mit einem wahrscheinlich 7,5-prozentigen Defizit und Lettland mit 6,3 Prozent dabei. Alle diese Länder sind bereits im Vorjahr zum Teil massiv über die drei Prozent gerutscht.
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Rüge für Griechenland hat strukturelle Gründe
Bei Griechenland soll es sich um einen Sonderfall handeln, weil sein Haushalt nicht primär wegen der Krise, sondern aus strukturellen Gründen in die falsche Richtung unterwegs sei.
Kommissionsexperten bestätigen, dass Währungskommissar Joaquin Almunia den Stabilitätspakt so flexibel wie möglich auslegen werde. So kann von einem Strafverfahren abgesehen werden, wenn das Minus der betroffenen Staaten nahe an drei Prozent liegt und sinkt oder besondere Umstände vorliegen und die Überschreitung sich vorübergehend und nur knapp über drei Prozent bewegt.
Dass angesichts der Krise Irland mindestens drei Jahre Zeit für die Konsolidierung seines Budgets erhalten wird, gilt als ausgemacht. Im Normalfall beträgt die Frist ein bis zwei Jahre und kann bei der jährlichen EU-Prüfung verkürzt oder verlängert werden.
Noch nicht im Fokus der verschärften Überwachung sind somit Bulgarien, Tschechien, Dänemark, Estland, Finnland, Deutschland, Malta, die Niederlande, Polen und Schweden. Deren Prüfberichte werden wie der für Ungarn heute, Mittwoch, vorgestellt. Ungarn steht schon seit der Zeit vor der Krise unter Aufsicht. Nächste Woche folgen Italien, Litauen, Luxemburg und Portugal, das ebenfalls auf der Kippe zu einem EU-Verfahren steht. Österreich hat seine Unterlagen noch nicht nach Brüssel geschickt. Wegen der Wahlen im Herbst gilt ein Aufschub. Das Finanzministerium schätzt das heimische Defizit auf 2,4 Prozent, die EU-Kommission auf drei Prozent.