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Die Auffassungsunterschiede zwischen den USA und Europa in der Iran-Frage sind längst nicht so groß wie angenommen, meint EU-Außenbeauftragter Javier Solana. Er plädiert für ein abgestimmtes Verhalten der Partner gegenüber Teheran.
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Der belgische Außenminister Karel de Gucht hat in einem Interview mit der belgischen Tageszeitung "De Morgen" dargestellt, wie er sich eine solche Abstimmung zu den angeblichen Plänen des Iran, Atomwaffen zu bauen, darstellt: "Diese Gespräche haben nur dann eine Chance, wenn man an der Strategie von Zuckerbrot und Peitsche festhält. Und wir müssen bereitwillig einräumen, dass die USA die Peitsche sind," erläuterte er in dem Interview. Der Belgier ist außerdem davon überzeugt, dass der Iran die Atombombe will.
Für Solana ist dies hingegen nicht so klar - Teheran habe "das Recht" auf ein ziviles Atomprogramm. "Bis zum Schluss" müsse auf die Diplomatie gesetzt werden, die auch schon erste Erfolge erzielt habe, sagte er gegenüber dem französischen Nachrichtensender LCI. Auf eine solche Verhandlungslösung setzen in Europa vor allem Deutschland, Frankreich und Großbritannien, um den Iran zum Verzicht auf Uran-Anreicherung zu bewegen, die auch zum Bau von Atomwaffen eingesetzt werden kann. Die USA haben hingegen zuletzt auch die Anwendung von Gewalt gegen den Iran nicht ausgeschlossen. Solana wünscht sich von den USA mehr Offenheit gegenüber der diplomatischen Lösung, während der belgische Minister diesen Verhandlungen nur eine Erfolgsaussicht einräumt, wenn sie von "der amerikanischen Drohung" begleitet werden.
Nach dem auch innereuropäischen Zerwürfnis über den Irak-Krieg ist der Wiederaufbau des besetzten Landes weiterer wichtiger Gesprächsstoff des Bush-Besuchs in Brüssel. Die Europäer wollen dem US-Präsidenten entgegenkommen: Im Rahmen eines EU-Projekts sollen mehr als 700 Richter, Staatsanwälte und Gefängnispersonal außerhalb des Irak ausgebildet werden. Dazu will die EU in Bagdad ein Verbindungsbüro aufbauen, womit die Union erstmals im Irak präsent wäre.
Weitere Themen des heutigen Treffens, bei dem erstmals ein US-Präsident mit den EU-Staats- und Regierungschefs, also der Staatengemeinschaft als Ganzes, Gespräche führt: Die Lage im Nahen Osten, bei der weitgehend Einigkeit herrscht, und die von der EU geplante Aufhebung des Waffenembargos gegen China. Österreichs Bundeskanzler Schüssel will auch die Zusammenarbeit von USA und Europa am Balkan ansprechen, laut Außenministerin Ursula Plassnik ebenso wie der Nahe Osten Beispiele dafür, wie wichtig ein gemeinsames Vorgehen sei.